Liliput 133502 – Wittfeld-Akku-Triebwagen der DB

Versuche mit Speichertriebwagen bei den Eisenbahnen reichen in Deutschland bis in das Jahr 1887 zurück, als die Bayerische Staatsbahn einen zweiachsigen Akku-Triebwagen in Dienst stelle. Umfangreiche Versuche führten 1894 die Pfälzischen Bahnen durch, die auf der schmalspurigen Strecke Ludwigshafen – Mundenheim mit Speichertriebwagen gute Ergebnisse erzielten. Auch die sich anschließenden Versuche auf normalspurigen Strecken (Ludwigshafen – Worms, Ludwigshafen – Neustadt) waren erfolgreich. 1897 unternahmen die Württembergischen Staatsbahnen, 1904 die Sächsischen erste Versuche mit Akkumulatoren-Triebwagen.

Erst 1906 entschloß sich die größte deutsche Bahnverwaltung, die Preußisch-Hessische Staatsbahn, im Bereich der Direktion Mainz Speichertriebwagen einzusetzen, und ließ deshalb in der Hauptwerkstatt Tempelhof fünf dreiachsige Abteilwagen in Akku-Triebwagen umbauen. Angetrieben wurden die beiden Endachsen; die Batterien befanden sich im Fahrgastraum unter den Sitzen. Diese fünf Wagen der Gattung AT 1 sind 1907 in Dienst gestellt worden (Betriebsnummern 201 bis 205).

Die Weiterentwicklung dieser ersten Akku-Triebwagen der KPEV war die Gattung AT2, ein vierachsiger Wagen mit der Achsfolge (1 A) Bo‘. Er wurde 1907 gebaut und auf der Strecke Limburg – Camberg eingesetzt.
Triebzüge der Gattung AT 3

Die bisherigen Entwicklungen der KPEV hatten, wie die Speichertriebwagen anderer deutscher Bahnverwaltungen auch, zwei Grundmängel:
1. Die Kapazität der Batterien war zu gering und damit der Fahrbereich zu klein.
2. Die Unterbringung der Batterien in den Fahrgasträumen war keine günstige Lösung, weil die Batterien schwer zugänglich waren und die Fahrgäste durch Säuredämpfe belästigt wurden.

Der Wirkliche Geheime Oberbaurat Wittfeld, Referent im Ministerium für öffentliche Arbeiten, war an der Entwicklung einer neuen Triebwagen-Generation bei der KPEV maßgeblich beteiligt. so daß die als AT 3 in Dienst gestellten Triebzüge auch als Bauart Wittfeld bekannt geworden sind.

Ein Triebzug bestand aus zwei kurzgekuppelten Triebwagen. Jeder Triebwagen hatte einen flachen Vorbau vor dem Führerstand, in dem die Batterie untergebracht war. Anfangs waren die Wagen zweiachsig ausgeführt, später wurden sie zur Schonung des Oberbaues dreiachsig geliefert; frühere Lieferungen zweiachsiger Wagen baute man in die dreiachsige Ausführung um.

Von 1907 bis 1922 sind 163 Wittfeld-Triebzüge beschafft worden, ab 1912 auch in dreiteiliger Ausführung mit einem Mittelwagen (kurzer oder langer Ausführung).

Fahrzeugteil

Die beiden Achsen unterhalb der Vorbauten waren nicht zu einem Drehgestell vereinigt,
sondern als freie Lenkachsen (Achsstand 1.500 mm) ausgebildet. Treibachsen waren jeweils die einzelnen Achsen in der Nähe der Kurzkupplung. Auf die Treibradsätze waren Zahnsterne mit auswechselbaren Zähnen aufgepreßt. Die Tatzlageraufhängung der Motoren machte es möglich, die Antriebsachsen ebenfalls als Lenkachsen auszubilden. Die Abbremsung (Treibachsen ungebremst) erfolgte durch Druckluftbremsen der Bauarten Kpbr oder Wpbr.

Am Anfang und am Ende des Triebzuges befanden sich die Führerstände mit jeweils gleicher Ausrüstung, und in den Vorbauten vor den Führerständen waren die Batterien untergebracht. Die Abdeckung der Vorbauten ließ sich nach vorn abrollen und um eine Querachse drehen, so daß der Speicherraum vollständig geöffnet werden konnte und gut zugänglich war. Die Speicherräume hatten einen säurefesten Innenanstrich erhalten. Die der Versteifung dienenden eisernen Querstangen hatte man zum Schutz gegen Säuredämpfe mit Blei ummantelt. In jedem der beiden Speicherräume waren 84 Elemente in Hartgummikästen untergebracht (je Triebzug als 168) wovon je 14 Elemente in Holztrögen vereinigt waren. Auch diese Holztröge hatten eine säurefeste Auskleidung und waren mit Porzellanstützen gegen Boden und Seitenwände isoliert. Im Laufe der Betriebszeit sind natürlich die Batterien getauscht und ältere Ausführungen gegen neuere ersetzt worden.

Die Wagen konnten durch Türen an den Führerständen betreten werden. Der Führerstand war nicht eigens abgeteilt. Gewöhnlich war eine Hälfte des Triebzuges als 3. Klasse, die andere als 4. Klasse eingerichtet. Jede Wagenhälfte hatte in der 3. und in der 4. Klasse ein Großraumabteil und ein kleines durch eine Tür im Mittelgang abgetrenntes Abteil. In der 4. Klasse wies dieses kleine Abteil noch nach außen öffnende Doppeltüren auf und konnte so als Gepäckraum genutzt werden. Das Platzangebot betrug:
3. Klasse – 46 Sitzplätze
4. Klasse – 36 Sitzplätze und 18 Stehplätze
rückwärtiger Führerstand – 6 Stehplätze

Gesamtplatzzahl: 106 Sitz- und Stehplätze

Ein Mittelgang mit Türen verband die kurzgekuppelten Wagen; aber diese Verbindung durfte nur vom Schaffner und vom Triebwagenführer benutzt werden. Da die relativ geringe Kapazität der Speicher nicht noch für eine elektrische Wagenheizung verwendet werden konnte, setze man Preßkohleöfen ein. Sie waren unter den Sitzen angeordnet und wurden vom Schaffner von außen (!) beheizt.

Die ursprüngliche Farbgebung entsprach bis zur Fensterhöhe dem bei Wagen der 3. und 4. Klasse üblichen Anstrich der KPEV; die Fensterpartie war elfenbein gestrichen, das Dach grau. Im Aufbau glichen die zweiachsigen Mittelwagen im Prinzip den Endwagen, hatten aber natürlich keine Batterieräume und keine Führerstände. Jedoch erhielten ihre Achsen die Fahrmotoren; die Achsen der Endwagen waren Laufachsen.

Elektrischer Teil

Die Mehrzahl der Triebzüge hatte Gleichstrom-Reihenschlußmotoren mit Wendepolen (früher bezeichnete man sie auch als Hauptstrommotoren) von 62,5 kW Leistung. Die Stromstärke wurde beim Anfahren durch Einschalten von Widerständen in den Hauptstromkreis geregelt. Beim Befahren von Gefällestrecken und beim Bremsen wurde die von den Motoren erzeugte Energie in den Widerständen vernichtet. Versuche, mit Nebenschlußmotoren den zurückgewonnenen Strom zu nutzen, führten zu keinem Erfolg, so daß alle Triebzüge mit Reihenschlußmotoren ausgerüstet wurden. Im Laufe der Zeit ersetzte man die ursprünglichen Motoren durch leistungsstärkere, und meist war mit diesem Umbau auch der Einbau stärkerer Batterien verbunden. Anfang der 1940er Jahre verwendete man Fahrmotoren der Berliner S-Bahn mit 96 kW.

Die Batterien hatten in der Ursprungsausführung eine Kapazität von 368 Ah bei 180 A Entladung. Der Triebzug konnte damit in der Ebene eine Strecke von 100 km mit 60 km/h zurücklegen. Bei vollständiger Entladung waren 400 Ah für die Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft erforderlich. 1921 erhielten die Triebzüge neue Batterien mit 1.068 Ah, die in einem separaten Wagen (Batterietender) untergebracht waren; der Fahrbereich konnte damit um 50 % auf 150 km erweitert werden.

Die Triebzüge waren für Ein-Mann-Bedienung ausgelegt. An der Kurbel des Fahrschalters befand sich ein Druckknopf, der vom Triebwagenführer während der Fahrt ständig gedrückt werden mußte. Sobald der Triebwagenführer den Knopf losließ, wurde der Fahrstrom unterbrochen, und nach zwei Sekunden schaltete sich selbsttätig die Druckluftbremse ein, die den Zug bis zum Halten abbremste.

Als Hersteller traten die Firmen Breslauer AG, V. d. Zypen & Charlier, Gebr. Gastell und Görlitzer AG im mechanischen Teil bzw. Siemens-Schuckert-Werke, Bergmann Elektrizitätswerke, AEG und BBC beim elektrischen Teil in Erscheinung.


Modellvorstellung

Als weitere Variante in der aktuellen technischen Ausführung folgt der weinrot lackierte Wittfeld-Akku-Triebwagen der DB. Die Modellvariante in Epoche III gelangt unter der Artikelnummer 133502 als Gleichstrommodell bzw. unter der Artikelnummer 133507 als Wechselstrommodell in den Fachhandel. Der UVP wird mit € 395,– bzw. € 460,– für den zweiteiligen Triebwagen angegeben.

Verpackung

Der zweiteilige Triebwagen wird in der bekannten Liliput-Verpackung ausgeliefert. Nach dem Abziehen des Kartonüberzuges ist ein mühsames Herausziehen der passgenauen Plastikverpackung mit aufgesetzter Haube möglich. Die Fahrzeuge liegen getrennt in der Verpackung. Mitgeliefert wird eine Betriebsanleitung und ein Ersatzteilblatt.

Technik

Die technischen Komponenten sind auf beide Fahrzeuge verteilt. Die Fahrzeughälfte A (ETA 180 018a) ist mit dem Fahrzeugantrieb versehen, welcher sich unter dem Vorbau verbirgt. In der zweiten Fahrzeughälfte B (ETA 180 018b) ist unter dem Vorbau Platz für den Lautsprecher. Beide Fahrzeuge verfügen im Dachbereich über je eine Platine. Die 21polige Schnittstelle für den Digitalbetrieb befindet sich in der Fahrzeughälfte B. Das Öffnen der Fahrzeuge ist leichter gesagt als getan. Am Wagenboden finden sich dezente Andeutungen, wo sich die sechs Rastnasen zum Auseinanderspreitzen befinden. Um ein nochmaliges Einrasten zu verhindern, ist es dienlich, sich entsprechende Hilfsmittel zum Einlegen in den Spalt zu bereitzulegen. Aber Achtung auf die feinen Leitungen am Wagenboden, die ggf. beschädigt werden können.

Während bei den ersten Ausführungen des Liliput-Modells die Antriebsanlage noch in der Fahrzeugmitte bzw. im Fahrgastraum untergebracht war, befindet sich diese nunmehr unmittelbar beim Antriebsdrehgestell und besteht aus einem kleinen Motor mit aufgesetzter Schwungmasse und Schnecke, die direkt über die Zahnräder auf die beiden Achsen des Antriebsdrehgestelles der Fahrzeughälfte A wirkt. Die äußerste Achse ist mit Haftreifen bestückt. Für die Stromabnahme dienen beide Antriebsachsen.

Beide Fahrzeughälften sind mittels einer elektrischen, 8poligen Steckverbindung verbunden. Das Verbinden wie Trennen dieser elektrischen Kupplung erfolgt problemlos. Der Triebwagen wird serienmäßig ohne Zusatzkupplung ausgeliefert. Ein Kurzkupplungsschacht mit zentraler, beidseits beweglicher Arretierung kann nachträglich im Drehgestellbereich eingesetzt werden.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ca. 189 g auf die Waage. Es läuft seidenweich über die Anlage und entspricht diesbezüglich den Prospektangaben des Herstellers. Obwohl die Vorbildgeschwindigkeit lediglich 60 km/h beträgt, erreicht die Modellgeschwindigkeit den doppelten Wert.

Messungen bei 12 V Gleichstrom weisen nämlich den umgerechneten Wert von ca. 126 km/h aus. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 109  % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 79 % zu hoch.

Optik

Bereits die ersten Modellausführungen waren auf einem hohen Niveau. Das Modell weist sehr viele Detaillierungen auf und zeichnet sich insbesondere durch eine Vielzahl an werkseitig angesetzten Bauteilen aus, die während der Erstauflagen noch als lose Zurüstteile beigelegt waren. Das Modell weist hervorragende Gravuren auf, und zwar am gesamten Fahrzeugteil. Die zahlreichen Ansetzteile in Form von Halte- und/oder Griffstangen, Signalhalterungen, Leitungen wie Trittstufen, aber auch die Sprengwerke im Bereich des Fahrzeugunterbodens werten den Triebwagen markant auf. Gegenüber früheren Auflagen hat Liliput nun auch das Toilettenfenster der zweiten Fahrzeughälfte berücksichtigt.

Farbgebung und Beschriftung

Das gegenständliche Modell des Akku-Triebwagen ETA 180 018a/b ist in der klassischen weinroten Farbgebung für Triebwagen der Deutschen Bundesbahn gehalten. Die Lackierung ist tadellos ausgeführt und wirkt seidenmatt.

Die Bedruckung befindet sich auf dem selben Niveau. Diese ist gut deckend und lupenrein aufgetragen. Der ETA 180 018a entspricht der Gattung AB3. Der ETA 180 018b gehört der Gattung B3tr an. Beide Fahrzeuge tragen das Revisionsdatum 07.11.1955. Als Heimatbahnhof ist der Bahnhof Worms angeschrieben. Am Triebwagen selbst ist am Zuglaufschild die Relation „Worms – Guntersblum“ angeschrieben.

Beleuchtung

Die Spitzen- bzw. die Schlussbeleuchtung wird über je zwei warmweiße bzw. rote LEDs dargestellt, die Fahrtrichtungsabhängig leuchten. Der Fahrgastraum wird ebenfalls mittels LED beleuchtet.


Verwandte Modelle

Liliput 133503 – DRG-Ausführung


Bilder