Märklin 39552 – Baureihe 57.5

In der zeitgemäßen Fortentwicklung der bayerischen Güterzuglokomotiven für den Hauptstreckendienst war Ende der 1890er Jahre ein Stillstand eingetreten, der dann lange Zeit anhielt und den Betrieb oftmals recht unwirtschaftlich gestaltete. Schuld daran waren die beschränkten disponiblen Geldmittel, welche völlig für die Beschaffung dringend notwendiger moderner Schnellzuglokomotiven sowie von diversen Tenderlokomotivtypen, Wagen aller Art und für Verstärkung von Brücken und Oberbau, Hochbauten und Zentralisierungsanlagen von Weichen und Signalen in zahlreichen Bahnhöfen jeglicher Größe Verwendung finden mussten.

Diese Periode dauerte fast ein Jahrzehnt, während dessen nur eine Anzahl C VI und 1905/06 die wenigen Exemplare der leichten G 4/5 (Nassdampf) beschafft wurden, die jedoch beide zur Zeit ihres Baues als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet werden müssen. Während der ganzen Zeit bis zum Kriege 1914 musste daher der Güterzugdienst mit den alten Dreikupplern C III, C IV und der C VI, recht oft mit unwirtschaftlichem Vorspann, durchgeführt werden. Im Würzburger Bezirk, wo sich der stärkste Verkehr abspielte, bedurfte auch die E I häufig genug des Vorspanns, während C III und C IV manchmal nur zu dritt auf der Aschaffenburger Linie die Züge bewältigen konnten.

Hier war also die Abhilfe am dringendsten und die Beschaffung einer fünffach gekuppelten Maschine, die Züge bis zu 1.000 t allein auf den in Betracht kommen den Strecken zu führen vermochte, notwendig. Da das Tempo dieser Züge damals noch ein mäßiges war und 45 bis 50 km/h nicht überschritt und der sich ergebende Kessel trotz der auf 15,5 t beschränkten Achslast auf fünf Achsen untergebracht werden konnte, verzichtete man, um das volle Maschinengewicht für die Adhäsion nutzbar zu machen, auf eine führende Laufachse, wobei der Treibraddurchmesser zur Erzielung möglichst hoher Zugkraft mit 1.270 mm sehr klein angenommen war, ob zwar bei dem zu erwartenden relativ kurzen Gesamtradstand und dem großen Kessel sich starke Überhänge ergeben mussten. Der hintere derselben fiel, weil die Feuerbox natürlich unterstützt war, weniger ins Gewicht, wogegen sich der vordere durch den völlig frei überhängenden schweren Zylinderblock voll auswirken musste.

Trotzdem wurde beschlossen – leider, muss man heute sagen – von einer 5/6-gekuppelten Lokomotive abzusehen, nachdem bei den hauptsächlich in Frage kommenden Geschwindigkeiten mit Rücksicht auf gute Führung und ruhigen Lauf der Maschine eine führende Laufachse nicht unbedingt erforderlich schien. Man folgte damit auch dem Vorbild der preußischen, württembergischen, pfälzischen, sächsischen und österreichischen Bahnen, befand sich also in guter Gesellschaft, hätte sich aber in noch besserer befunden, wenn man auch das elsässische Vorgehen von 1907/08 zu Rate gezogen hätte. Dort lief bereits eine starke 5/6-gekuppelte Maschine von Grafenstaden. Gleichwohl, fürs erste mochte die 5/5-gekuppelte Type ganz am Platze sein, dass sie aber fast unverändert, nur mit noch höheren Achsdrücken und größeren Zylindern nach dem Kriegen 80 Stück mehrfach nachgebaut wurde, das geschah nur unter dem Zwang der Verhältnisse und wirkte sich nur zu bald für das Bestehen dieser an sich ausgezeichneten und sehr wirtschaftlichen Lokomotive, die auch eine sehr schone Erscheinung bot, verhängnisvoll aus. Nur der dringende Bedarf in der Nachkriegszeit, der für Neukonstruktionen keine Zelt ließ, vermag dieses Vorgehen zu rechtfertigen, nachdem gleichzeitig bereits auf allen deutschen Bahnen die 5/6-gekuppelte Type das Feld beherrschte und auch in Osterreich, der Schweiz, Italien usw. dieselbe Type schon im Dienst stand.

Hatten die Verhältnisse nicht einen schnellen Nachbau der bereits vorhandenen und bestbewährten Type gebieterisch verlangt, wobei nur die Zylinderzugkraft und das Adhäsionsgewicht erhöht werden konnten, dann wäre eine den Verhältnissen entsprechende Umwandlung in eine 5/6-gekuppelte Type unter Beibehaltung des Vierzylinderverbundtriebwerks, Vergrößerung von Zylindern und auch des Kessels sowie des Raddurchmessers auf mindestens 1.350 oder besser 1.400 mm und Steigerung des Achsdrucks auf mindestens 17 t das Richtige gewesen. So aber entstand in drei Lieferungen, natürlich in zeitgemäßer Ausführung und mit auf 16 t und zuletzt auf 17 t erhöhtem Achsdruck die G 5/5 von 1920 bis 1924 in 80 weiteren Exemplaren, die zwar zunächst sehr gute Dienste leisteten und an Zugkraft und namentlich an Wirtschaftlichkeit die eingedrungenen preußischen G 12 übertrafen, jedoch in dem Moment sich in Ihrer Existenz bedroht sahen, wo bei den Güterzügen die Streckengeschwindigkeiten bis zu 60 und 65 km/h erhöht wurden. Bei solchem Tempo konnten die bayerischen G 5/5 nicht mehr gut mithalten, und als man aus Not es doch mit Geschwindigkeiten von 55 bis 60 km/h versuchte, da liefen die Hochdrucktreibstangenlager warm, was bis dahin nie vorgekommen war.

Die Maschinen konnten bei dieser Lage der Dinge nur mehr beschränkt verwendet werden, an Zügen mit geringer Geschwindigkeit, Ihres hohen Achsdruckes wegen jedoch nur auf Hauptstrecken. Dies begünstigte das Eindringen der preußischen G 10 und G 12. Das Leistungsprogramm forderte:
1200 t in der ebenen Strecke bis 2 %o mit 45 km/h,
1200 t auf 5 %o mit 30 km/h,
850 bis 900 t auf 10 %o mit 25 bis 30 km/h.

Zur Zeit der Beschaffung der ersten G 5/5 war bei 900 t auf 10 %o die zulässige Zughakenbeanspruchung erreicht, daher waren maximal 850 t als zulässig für den Betrieb vorgesehen. Die Forderung von 1.000 t auf 10 %x mit 12 bis 15 km/h kam zur Zeit der ersten Beschaffung wegen der Grenze der Zughakenbeanspruchung im Betrieb jedoch noch nicht in Frage, sondern erst nach Verstärkung der Zugkraftorgane bei den Nachkriegslieferungen. Auf Grund dieses Programms wurden sorgfältig Heiz- und Rostfläche ermittelt, die Zylinderdimensionen in eingehender Untersuchung bestimmt unter Annahme möglichst kleinen Raddurchmessers zwecks Erzielung höchster Zugkraft. Es ergaben sich dieselben Zylinderdurchmesser wie bei den S 3/6, somit konnten dieselben Kolben zur Anwendung kommen. Diese reichlichen Zylinderabmessungen gestatteten bei dem kleinen Raddurchmesser günstige Ausnutzung des Gesamtgewichts der Maschine, ohne zu große Füllungsgrade selbst auf Steigungen von 10 %o anwenden zu müssen, und gestatteten eine Zugkraft bis zu 1.400 kg auf den Radumfang bezogen.

Die Kesselbeanspruchung blieb dabei mit 4,4 bis 5 PS/m² Verdampfungsheizfläche bzw. 300 bis 320 PS/m² Rostfläche in durchaus normalen Grenzen, obzwar die Überhitzung bei dieser ersten Serie 300 bis 320° nicht überstieg. Die früheren Nassdampftypen E I und G 4/5 von Krauss nahmen auf 1:100 maximal 550 bzw. 580 t gegen 850 bis 900 t der G 5/5 der ersten Lieferung. Dabei verbraucht die große G 5/5 ca. 1 bis 1,5 kg pro km weniger Kohlen als die beiden älteren Typen, ein deutlicher Beweis für die große Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der G 5/5.

Konstruktive Ausführung

Bei den ausgezeichneten Erfahrungen, welche die Kgl. Bayerische Staatsbahn bei ihren Schnellzuglokomotiven mit dem Barrenrahmen gemacht hatte, war es selbstverständlich, dass diese Rahmenbauart nun auch bei der neu zu erbauenden Lokomotive zur Anwendung kommen sollte, ebenso die Vierzylinder- Verbundbauart, die auch bei dieser schweren Güterzuglokomotive zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit beitrug und dadurch auch zu hohe Kolbendrücke, wie beim Zwillingstriebwerk, vermied. Die Vorzüge guter Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit des Innentriebwerks kamen bei der G 5/5 wegen der niederen Räder und des hoch liegenden Kessels halber ganz besonders vorteilhaft zur Geltung. Die beiden zweistegigen Rahmenwangen von 100 mm Breite bestanden aus je einem Stück ohne Unterteilung. Vor der ersten Achse war die Rahmenbreite geringer gehalten, jedoch waren beide Gurtungen zusammengezogen zwecks bequemer und solider Befestigung der zwei Zylindersattelstücke. Der mächtige Kessel von 3,7 m² Rostfläche und 253 m² Gesamtheizfläche stand völlig frei über dem Rahmen mit seinem Mittel 2.750 mm über SOK. Mit der Rauchkammer war er am Zylindersattel fest verschraubt und durch zwei Streben gegen die Pufferbohle abgestützt.

Rückwärts diente eine starke, auf dem Rahmen befestigte Stahlgusstraverse dem Stehkesse1 als vordere Auflage, gleichzeitig als Rahmenversteifung, während das Hinterende von einem starken Pendelblech aufgenommen wurde. Der Langkessel war durch drei Pendelbleche unterstützt. Die Pufferbohle und die beiden schweren Zylindergussstücke, die in der Mitte verschraubt waren, bildeten die nötige vordere Versteifung des Rahmens; rückwärts geschah dies durch den Zugkasten und die beiden Stehkesselträger. Vor und hinter den Treibrädern befanden sich an den Stellen, wo die Pendelbleche mit der oberen Rahmengurtung verbunden und an den doppelten Rahmenklammern die Träger für die Bremshängeeisen angebracht waren, weitere Traversen, ebenso vor der zweiten Kuppelachse, sodass der ganze Rahmen in sich sehr solide versteift war und die großen Kolbenkräfte sicher aufnehmen konnte.

Der Kessel, dessen Blechstärke 20 bzw. 22 mm bei der letzten Lieferung betrug, zeigte eine einfache, ungezwungene, gedrungene Form, sehr gut abgestimmte Verhältnisse und lieferte reichlich Dampf. Die geräumige Rauchkammer von 2.550 mm Länge bot für den Überhitzerkopf mit Klappen und Zug, ferner für die beiden Einströmrohre, das Standrohr und den etwas sperrigen, aber gut wirkenden Thomasfunkenfänger bequeme Unterkunft. Die ersten 15 Maschinen hatten ein verstellbares Froschmaulblasrohr erhalten, das aber später entfernt wurde. Die Stehkesselrückwand war geneigt, ebenso der dreifelderige weite Rost. Ein Feuergewölbe fehlte auch hier, einen Kipprost erhielten die Lokomotiven der ersten Lieferung nicht mehr. Der geräumige Aschenkasten war bequem zu entleeren, Stehbolzen und Krebs waren leicht zugänglich. Am Vorderende des Langkessels genau über dem zweiten Kuppelrad war der Dom mit Doppelsitzventilregulator aufgesetzt, dahinter der Sandkasten mit einfachem Handzug über der Treibachse, deren Räder er bediente.

Die üblichen Popventile, bei den Maschinen der ersten Lieferung noch ohne Verkleidung, und die Pfeife saßen auf dem Stehkessel vor dem Führerhaus. Ausrüstung und Kesselarmaturen waren fast identisch mit jenen der gleichaltrigen Schnellzuglokomotiven S 3/5 und S 3/6. 1925 erhielten die sieben verbliebenen Maschinen der ersten Lieferung noch Vorwärmer und Speisepumpe, welche linksseitig angebracht wurde. Der Vorwärmer selbst erhielt seinen Platz dicht vor der Treibachse unter dem Langkessel.

Sämtliche Tragfedern befanden sich trotz des kleinen Raddurchmessers unterhalb der Achslager, was die an sich sehr gute Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit des Innenwerks noch verbesserte. Die äußeren Achsenpaare waren durch Ausgleichshebel verbunden, sodass Sechspunktabstützung bestand.

Besonderes Interesse, konstruktiv und wärmewirtschaftlich, verdiente die Anordnung von Zylindern, Schiebern und Steuerung, welche vielleicht das Vollkommenste und zugleich Einfachste darstellte, was für Vierzylinderlokomotiven mit kombinierten Schiebern je erdacht worden ist.

Da es sich hier um eine langsam laufende Maschine handelte, Ihre Tourenzahl daher nie längere Zeit besonders hoch anstieg, hat Hammel hier die Vereinfachung der Steuerung mit kombinierten Schiebern angewendet, zu welcher Ihn Gölsdorf schon bei der S 3/6 vergeblich zu überreden suchte. Aber der erfahrene Konstrukteur wusste wohl, warum er diesen trügenschen Rat für Schnellzuglokomotiven prinzipiell ablehnte. Die österreichische Serie 210, auch die 2’ D-gekuppelte Serie 470 und die 1’F der Serie 100 der k. k. Staatsbahn, die ebenfalls kombinierte Schieber besaßen, litten unter deren wenig geglückter Ausführung und konnten keine hohen Geschwindigkeiten erzielen. Auch die Serie 310, die Gölsdorf eben wegen der Verwendung dieser Konstruktion weniger gelungen war, war eine nicht misszuverstehende Warnung! Dieser verlockenden Vereinfachung bei Schnellzuglokomotiven hat die Betriebspraxis im benachbarten Österreich Ihr Placet versagt und diese Tatsache war für Hammel nur eine willkommene Bestätigung seiner längst feststehenden Überzeugung. Hier aber, bei der langsam laufenden Maschine, empfahl sich sogar die Anwendung kombinierter Schieber, welche eine Steuerungsvereinfachung ermöglichte, die nicht gut zu übertreffen war. Die ganze Steuerung kam in einer Ebene außerhalb der Räder zu liegen und war somit sehr bequem zugänglich. Innerhalb der Rahmen entfiel jegliches Gestänge bis auf die Hochdrucktreibstangen und die zugehörigen Kreuzköpfe.

Die Anordnung eines für Hoch- und Niederdruckzylinder einer Seite kombinierten Schiebers, der über die letzteren zu liegen kam, führte von selbst auf die Ausführung des Zylinderblocks mit mittlerer Teilung, sodass je ein Hochdruck- und ein Niederdruckzylinder mit zugehöriger Schieberkammer und dem Halbsattel über dem Hochdruckzylinder ein Gussstück bildete, das an die Gießerei allerdings hohe Anforderungen stellte. Beide Teile waren in der Mitte durch zahlreiche Passschrauben fest verbunden, ebenso von außen her neben den Niederdruckzylindern mit den Rahmenwangen. Gleichzeitig bildete dann der ganze Zylinderblock eine sehr kräftige Rahmenversteifung. Die Hochdruckzylinder lagen in starker Neigung von 1:8, um mit Kolbenstange und Kreuzkopf über die vorderen Kuppelachsen und mit der Treibstange über die zweite hinweg zu kommen. Die äußeren Niederdruckzylinder waren dagegen nur gering geneigt. Alle vier Kolben treiben die mittlere Achse an, deren Kropfachse mit jener der S 3/6 identisch ist. Wie bei der S 3/6 trifft auch hier die Hochdruckzylinderachse nicht auf diese Treibachsmitte, sondern geht etwas über diese hinweg. Ferner war es nötig, zur Vermeidung zu großer Schrägstellung der Hochdruckzylinder und um günstige Treibstangenlängen zu erzielen, den Radstand zwischen der zweiten Kuppelachse und der Treibachse auf 1.800 mm zu vergrößern. Die infolge der starken Neigung der Hochdruckzylinder entstehenden senkrechten Kräfte, welche Be- und Entlastung der Tragfedern bewirken, sind trotz der überhängenden schweren Zylinder wegen der günstigen Länge der Treibstangen gering und daher ohne Gefahr.

Besondere Beachtung verdiente die Dampfverteilung durch die kombinierten Schieber, deren Durchmesser von 400 mm für Hoch- und Niederdruckserie gleich ist. Sie erhielten ihre Bewegung durch die völlig außenliegende Heusinger-Steuerung, die im ganzen dank des vergleichsweise nicht schweren Schiebers leichtes Gestänge besaß. Die angewandte Schieberbauart hat den großen Vorteil, dass übertragungswellen samt Innenschieber und Stopfbuchsen völlig in Wegfall kamen und die ganze Anordnung ebenso einfach ausfiel wie die einer Zwillingsmaschine mit Außenzylindern und der Schieber sehr leicht herauszunehmen war. Prinzipiell war zwar eine derartige Anordnung nichts völlig Neues – im Lokomotivbau ist so ziemlich alles schon mal da gewesen -, bei der G 5/5 liegt aber doch Insofern eine neuartige Ausführung vor, als ein vergleichsweise großer Verbinder, zwei ringförmige Räume darstellend, die beiden getrennten Niederdruckschieber umgibt.

Der Eintritt des hochgespannten Frischdampfes erfolgte In der Mitte der Schieberkammer, wo der innen auf der Schieberstange sitzende Hochdruckschieber den Dampfern- und Austritt für die Hochdruckzylinder besorgte. Der austretende Dampf gelangte in den Verbinder und in die beiden ringförmigen Räume, welche miteinander In Verbindung standen, sodass gleiche Spannung des in den Niederdruckzylinder geleiteten Dampfes bestand. Die Volumina beider Verbinderräume sind etwas großer als das doppelte Volumen eines Hochdruckzylinders, sodass ein Raumverhältnis von etwa 1:2,1 bestand, etwas niedrig, was jedoch bei Heißdampf und den vergleichsweise geringen Kolbengeschwindigkeiten nicht so sehr ins Gewicht fiel. Die an den Stangenenden vorn und hinten sitzenden Kolbenschieber regelten den Dampfein- und austritt für die Niederdruckzylinder. In beiden Fallen bestand innere Einströmung, sodass die Schieberstopfbuchsen nicht unter Druck standen. Bei dieser Schieberart entfielen auch die Überstromrohrkammer, die bei getrennten Schiebern nötig sind. Das Ganze war sehr kompakt, alle Dampfwege waren kurz, wodurch Warme- und Druckverluste möglichst vermieden wurden. Natürlich erwies sich diese bemerkenswerte Bauart auch hinsichtlich der Instandhaltungskosten als vorteilhaft. Diese Schieberkonstruktion hatte die Erwartungen völlig befriedigt und sich bei diesen langsam laufenden Maschinen sehr gut bewahrt, nur bei höheren Geschwindigkeiten etwa ab 50 km/h zeigten sich die erwartenden Unzulänglichkeiten bezüglich des Verbinders. Das ganze Steuergestänge war leicht und bequem zugänglich. Bemerkenswert war auch der schon gestaltete Stahlgussträger für die Lagerung der Steuerwelle, der Schwinge in dem gegabelten Teil desselben sowie für die Pendelaufhängung des Gegenlenkers in dem langen, nach vorn gerichteten Arm des Trägers. Hierdurch war erreicht, dass die drei wichtigen Punkte der Steuerung in Ihrer gegenseitigen Lage stets unverändert blieben, was für deren exaktes Arbeiten Vorbedingung war.

Bezüglich Anfahrvorrichtung und Luftsaugventilen galt dasselbe wie bereits bei der S 3/5 dargestellt, ebenso bezüglich des Massenausgleichs, wo wiederum die rotierenden Massen bis auf kleine Reste völlig ausbalanciert waren und Infolge des gegenläufigen Triebwerkes Vertikalkomponenten durch freie Fliehkräfte nicht auftraten. Die vier Gleitbahnen waren an einem 25 mm starken gemeinsamen Blechträger befestigt, der mit entsprechenden Ausschnitten für die Treib- und Schieberstangen versehen war. Er war am Barrenrahmen befestigt und außerhalb desselben durch die beiden schon erwähnten Stahlgussträger abgesteift. Die äußere Kreuzkopfgleitbahn konnte noch neben der vordersten Kuppelachse angeordnet werden, obzwar dieselbe 20 mm Seitenschub besaß und hierdurch die Raumverhältnisse sehr knapp wurden, sodass es nötig war, am Kuppelzapfen statt der Schraubenmutter einen flachen Bundring anzuordnen.

Der Stahlgussträger der Steuerung erschien bei den Lokomotiven 5856 bis 5895 in neuer, geteilter und verstärkter Form, wobei der die Schwinge tragende Teil mit seiner Basis bis zur Unterkante des Querträgers herabgezogen war und so sehr solid mit demselben verbunden werden konnte. Gleichzeitig wurde der starke Gleitbahnträger etwas nach hinten gerückt, sodass Gleitbahn und Schieberstange eine kleine Verlängerung erfuhren, die Exzenterstange dagegen etwas kurzer ausfiel. Das Steuerwellenlager sowie der Aufhängepunkt des Pendels für Voreilhebel und Gelenke blieben unberührt an der bisherigen Stelle. An den Niederdruckgleitbahnen waren lange bequeme Aufstiegtritte angebracht.

Sämtliche Treib- und Kuppelstangen sind mit rechteckigem Querschnitt ausgeführt worden, letztere haben auch bei diesen Lokomotiven nicht nachstellbare Lagerbuchsen erhalten. Der innere Treibstangenkopf konnte wegen des großen Tiefgangs hier nicht in der üblichen Maffei’schen Form mit Keilverschluss ausgeführt werden, sondern es musste die niedrig bauende Konstruktion mit langem, flachem, übergeschobenem Bügel gewählt werden, die in Frankreich häufig war und die größeren Tiefgang gestatteten, ohne die Profilgrenze zu überschreiten.

Die erste und letzte Achse hatten zur Ermöglichung zwanglosen Kurvenlaufes beiderseits 20 mm Seitenspiel erhalten, Achslagerhälse und Kuppelzapfen waren also beiderseits um 40 mm beiderseits länger gehalten als bei den übrigen Achsen. Ferner erhielten nur die Bandagen der Treibräder um 7 mm geschwächte Spurkränze, was sich trotz des Gesamtradstandes von 6.000 mm als vollständig ausreichend erwiesen hat, während Gölsdorf bei seiner 5/5-gekuppelten Serie 180 trotz kleineren Radstandes bekanntlich je 26 mm Seitenschub an drei Achsen für nötig hielt.

Der Westinghouse-Luftkompressor befand sich auf der linken Seite der Rauchkammer. Später, als nach dem Krieg der Vorwärmer hinzu kam und dessen Speisepumpe links vor dem Stehkessel angebracht wurde, erhielt der Luftkompressor seinen Platz rechts an der analogen Stelle. Über dem rechten hintersten Kuppelrad befand sich auch der Antrieb des Haußhälter-Geschwindigkeitsmessers.

Die 80 nach dem Krieg in drei Lieferungen gebauten G 5/5 stellten im Wesentlichen dieselbe Maschine dar, jedoch in mancher Hinsicht modernisiert und nach Möglichkeit hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit gehoben, wobei die Vergrößerung der Zylinder auf 450/690 mm und die Vergrößerung des Überhitzers sowie die Beigabe des Vorwärmers die wichtigsten Maßnahmen darstellten. Hierdurch stieg auch das Dienstgewicht der Maschine auf 82,8 bzw. 83,5 t und bei der letzten Lieferung wegen Vergrößerung der Kesselblechstärke auf 22 mm auf fast 85 t, also 17 t Achslast, welche durch die vergrößerten Zylinder gut ausgenützt wurden.

Infolge des sehr dringlichen Bedarfs der im Jahre 1920 gelieferten 40 Maschinen, 5816 bis 5855, hatte das betreffende Konstruktionsbüro kaum Zeit für die Durcharbeitung der vorzunehmenden Änderungen. Dabei passierte bei der Gewichtsberechnung das Malheur, dass die Gewichtsmehrung durch die größeren Zylinder nebst Zubehör infolge eines Rechenfehlers nicht richtig in der Rechnung erschien, was eine Überlastung der vordersten Achse mit 18,5 t zur Folge hatte. Dies führte zum Durchsetzen der Tragfedern und zu wiederholten Federbrüchen. Durch Anbringen stärkerer Federn und Einfügen eines Gussgewichts im hinteren Zugkasten wurde der Fehler nach Möglichkeit ausgeglichen und bei dem größeren Teil der Lieferung überdies korrigiert. Leider wurde die Sache in Würzburg, wo diese Maschinen in Dienst standen und wo man schon dortmals für preußische Lokomotiven schwärmte, über Gebühr hervorgehoben. Bei den späteren Maschinen war mit gewohnter Sorgfalt für gleichmäßige Achslast von Haus aus Vorsorge getroffen worden.

Außerdem hatten die 25 Exemplare der vorletzten und die 15 der letzten Lieferung Druckausgleich an den Niederdruckzylindern erhalten. Dadurch wurde beim Fahren mit abgesperrtem Dampf unnötige Feueranfachung vermieden, was den Kohlenverbrauch verringerte, andererseits wurde der Laufwiderstand verkleinert und das Gestänge geschont, Geändert war die Lage der Bremszylinder. Statt zwei Zylindern vertikal unter dem Zugkasten waren nun zwei horizontale, links und rechts unter dem Führerhaus mit Bremswelle dicht hinter den letzten Kuppelrädern unter dem Aschenkasten angebracht. Auch das Rahmenhinterende war anders gestaltet. Die Westinghousebremse wirkte einklötzig von vorn auf die Räder der zweiten bis fünften Achse, die Räder der ersten Achse mussten ungebremst bleiben, da es an Platz für die Bremsklötze fehlte. Über den Bremszylindern seitlich an den Rahmenwangen waren am Rahmenhinterende beiderseits die Hilfsluftbehälter in Gestalt von zylindrischen Trommeln aufgehängt. Das Rahmenende selbst war, wie bei den G 4/5-Lokomotiven, aus 40 mm starken Blechen gebildet. Völlig neu und noch besser schützend war bei allen Nachkriegsmaschinen dieser Klasse das Führerhaus, das in derselben Form wie bei den P 3/5 und G 3/4 zur Anwendung kam. Neu war auch die Anordnung eines Luftsaugventils vor dem Überhitzerkopf, welches vor dem Dampfdom aus dem Langkessel herausragte. Der Vorwärmer war quer über den vorletzten Kuppelrädern unter dem Langkessel eingeschoben, die Speisepumpe befand sich linksseitig vor dem Stehkessel, beide Friedmann-Injektoren waren jedoch auch hier beibehalten. Die Luftpumpe hatte bei der ersten Nachkriegslieferung, 5816 bis 5855, ihren Platz linksseitig über der Treibachse, bei den beiden späteren Serien dagegen auf der rechten Seite über dem hinteren Kuppelrad.

Bei der ersten G 5/5-Lieferung befand sich der Hauptluftbehälter in Gestalt einer ca. 950 mm langen Trommel von ca. 750 mm Durchmesser vor dem Stehkessel zwischen den Rahmenwangen. Bei der zweiten und den folgenden Lieferungen wurde der Raum vor dem Stehkessel vom Vorwärmer eingenommen. Der Hauptluftbehälter von gleicher Form wie bisher wurde daher ganz vorn unter den Hochdruckzylindern aufgehängt. Gleichzeitig wurde ein weiterer zusätzlicher Luftbehälter in Form eines Zylinders von ca. 1.200 mm Länge über der Kropfachse unter dem Langkessel angebracht.

Bei den Lokomotiven 5856 bis 5895 der dritten und vierten Serie war der Hauptluftbehälter dagegen in zwei längliche Zylinder geteilt, die unter dem Langkessel links und rechts über den Rahmenwangen und zwischen den beiden Pendelblechen an der Stelle der Treibachse untergebracht waren. Außerdem war quer vor dem vorderen Pendelblech noch ein Zusatzbehälter von fast gleicher Größe angeordnet. Leider störten die Behälter bei der letzten Anordnung etwas die Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit des Innentriebwerkes, aber es stand kein anderer Raum zur Verfügung.

Der altbewährte Geschwindigkeitsmesser Bauart Haußhälter ist auch hier durch den nicht registrierenden der Deuta-Werke mit Antrieb vom rechten hinteren Kuppelrad aus ersetzt worden. Der Handsandzug mit Bedienung nur für die Treibachse blieb bei allen Lieferungen unverändert, was zu der Annahme berechtigt, dass es bei solchen vier- und fünffach gekuppelten Maschinen nicht nötig ist, den Langkessel mit einem ganzen System von Sandröhren zur Versorgung aller Räder zu überziehen. Höchstens auf Bergbahnen mit langen Steilrampen mag Totalsandung zweckmäßig sein. Das verstellbare Blasrohr war bei sämtlichen Nachkriegsmaschinen nicht mehr zur Ausführung gekommen.

Sehr vorteilhaft wirkte die dunkelgraue Glanzblechverkleidung, in welche eine Anzahl der Maschinen der vorletzten Lieferung gehüllt waren. Die letzte G 5/5-Lieferung trug wieder das altgewohnte grüne Kleid, Rahmen und Räder waren dagegen dunkelrot. Sie war von der vorletzten Serie äußerlich kaum zu unterscheiden, der einzige wesentliche, allerdings nicht sichtbare Unterschied bestand in der Verstärkung der Kesselbleche auf 22 mm.

Die Tender der G 5/5

Der 22 m³ Wasser fassende Tender der ersten Lieferung von 1911 war dem der S 3/5 sehr ähnlich, während die nach dem Krieg gebauten 80 G 5/5 einen neuen, ebenfalls mit 22 m³ Wasservorrat erhielten, dessen hinteres Drehgestell durch zwei im Rahmen gelagerte Achsen ersetzt war. Es war derselbe Tender, den kurz darauf die 80 P 3/5 erhielten, von dem bei Behandlung dieser letzteren Maschinen bereits die Rede war.


Modellvorstellung

Märklin/Trix hat im Produktionsverbund zur bay. G 5/5 auch eine Variante der Deutschen Bundesbahn als Baureihe 57.5 aufgelegt. Das vorliegende Modell wird von Trix unter der Artikelnummer 22057 und von Märklin unter den Nummern 39552 (mfx+ Decoder mit Sound) bzw. 39553 (mfx-Decoder ohne Sound) ausgeliefert. Da die bay. G 5/5 schon ausführlich besprochen wurde, werden nur mehr abweichende Feststellungen erörtert.

Da die technischen Belange unverändert sind, spielt das Fahrverhalten im Zusammenhang damit eine doch gewisse Rolle. Obwohl die Lokomotiven von technischen Aspekt her gleich konstruiert sind, war die Ausführung des DB-Pendants in der Geschwindigkeit leicht schneller unterwegs. In Zahlen gegossen heißt dies, daß die Maschine ihre Testrunden um gut eine Sekunde rascher absolvierte als das bay. Pendant.

Bei der optischen Betrachtung kann nahtlos auf das bisher geschriebene verweisen werden. Allerdings hat die DB-Lok nur geringfügige Änderungen durchgemacht. Änderungen sind jedenfalls beim dritten Spitzenlicht auf der Rauchkammertüre zu kennen.

Die DB-Ausführung unterscheidet sich jedenfalls in der Lackierung und Bedruckung. Der Langkassel, die Zylinderblöcke, die Umlaufe, Das Führerhaus und das Tendergehäuse sind schwarz lackiert, Fahrwerk- und Laufwerksteile sind rot lackiert und entsprechen den DB-Normalien. Die Bedruckung ist ebenso sauber ausgeführt wie die G 5/5. Der Hersteller wählte die Betriebsnummer 57 579 (bei der Märklin 39553: 57 584). Die Lok ist beim Bw Schwandorf bzw. der ED Regensburg stationiert. Als letztes Revisionsdatum ist der 26.09.46 als letzte Bremsuntersuchung angegeben. Sämtliche Anschriften sind lupenrein lesbar und deckend aufgetragen. Neu sind die Elektropfeile am Führerhaus und am Kesseldom sowie an der Rauchkammertüre. Neu ist auch das Anschriftenfeld zur Lok beidseits über der ersten Tenderachse.

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