Roco 73220: ÖBB 1010 013-9

Die Reihe 1010 – ebenso die Reihe 1110 – wurden 1952 als erste Nachkriegs-Schnellzugloks bei den ÖBB in Auftrag gegeben. Als Vorbild fungierte die heute noch im Einsatz stehende Gotthardmaschine Ae 6/6 der SBB. Das primäre Einsatzgebiet war die Westbahn von Wien bis nach Buchs SG bzw. Passau. Die geforderten Einsatzmöglichkeiten auf der Ennstalstrecke (Amstetten – Bischofshofen) mit dem damaligen Achslastlimit von 18 t führte zur sechsachsigen Ausführung. Ab 1961 erfolgte der Einsatz auf der Südbahn und am Semmering, jedoch führten die dortigen Engradien (189 m) zu Speichenrissen und zu starken Verschleißerscheinungen an den Spurkranzen infolge mangelnder querelatischer Ausführung der Drehgestelle. Zwei Ausführungen kamen zustande – lenkergeführte Drehgestelle ohne Realdrehzapfen (1010.01 und 02) sowie konventionelle Drehgestelle mit Drehzapfen an der Mittelachse mit dem Andreaskreuz (1010.03 bis 20). Alle Maschinen durchliefen während ihrer Dienstzeit zahlreiche bauliche Veränderungen. Die nachhaltigste, optische Veränderungen geschah infolge von Hauptausbesserungen im TS-Werk Linz. Die 1010.005, 011, 012, 015 bis 017 und 019 erhielten einen Neubaukasten mit ausbauchter Stirnfront als Rammschutz und eine Neulackierung im Valousek Design. Mehrere Loks stehen heute als Nostalgieloks zur Vergügung: die 1010.003 und 1010.10 gehören dem Club 1018.05, die 1010.002 dem 1. ÖSEK und die 1010.15 der ÖGEG.


Modellvorstellung

Aktuelle Entwicklungen im Zuge einer anderen Neuentwicklung bei den ÖBB-Loks lassen irgendwie den Schluß zu, daß Roco trotz aller Verdienste hinsichtlich der Detailtreue und Modellumsetzung stets nur halbherzig agiert, was die Vervollständigung des Sortiments betraf. Eine ähnliche Entwicklung erfuhr die Realisierung der ÖBB-Reihe 1010 als sechsachsige Ausführung einer Schnellzug-Lokomotive der 1950er Jahre. Die langsamere Güterzugversion hatte der Salzburger Hersteller bereits in der ersten Hälfte der 1980er Jahre in sein Programm aufgenommen und in verschiedenen Ausführungen produziert.

Für die Modellumsetzung der ÖBB-Reihe 1010 war der Verfasser dieser Zeilen nicht ganz unbeteiligt. Ich blicke dazu an jene Oktober-Woche des Jahres 2000 zurück, als die 1044.018 als „Blaue Sau“ (blau lackierte Lok ohne der Euro-Beklebung) in diesem nackten Design im Einsatz stand und dabei bei der ersten Fahrt von Wien nach Salzburg mit anschließenden Fotoshooting von mehreren Gleichgesinnten der damalige Prokurist von Roco, Anton Gebert, angetroffen wurde. Es kam zu einem regen Gedankenaustausch, indem von allen Beteiligten intensiv die Modellumsetzung der ÖBB-Reihe 1010 gewünscht, ja wenn nicht gefordert wurde. Letztendlich mündete dieses angenehme Fachgespräch in der Aufnahme der Reihe 1010 im Neuheitenblatt 2001.

Obwohl die Reihe 1010 bereits 17 Jahre im Sortiment ist, hat die Konstruktion nicht an Charme verloren und kann sich trotz des in den Vormonaten ausgelieferten Mitbewerbermodelles auch weiterhin behaupten, wenngleich es Roco gelungen ist, ein korrekt umgesetztes Modell der 1010 013-9 mit vorbildgerechter Farbgebung im Epochenübergang IV auf V auf die Gleise zu stellen. Roco hat diese Modellausführung als Neuheit 2017 unter der Artikelnummer 73220 (Gleichstrom-Version) zum UVP von € 209,– bzw. 73221 (Gleichstrom-Version mit Loksound) bzw. 79221 (Wechselstrom-Version mit Loksound) zum jeweiligen UVP von € 279,– angekündigt. Die Auslieferung des Modells erfolgte noch vor Weihnachten 2017.

Verpackung

Das aktuelle Modell wird in der zweifachen Kartonverpackung ausgeliefert, es liegt mit Plastikhaube und Transportgleis als Transportschutz rutschfest in der Schaumstoffausnehmung. Zum Lieferumfang gehört ein Zurüstbeutel, die Betriebsanleitung und ein Ätzschildersatz für die Fabriksschilder. Im Zurüstbeutel befinden sich die Zurüstteile wie Scheibenwischer aus Metall, die Windabweiser, die Griffstangen aus Metall und der Drahtbügel für das Dach, die Zugheizdose, die geschlossenen Schürzen, Trittstufen sowie die Teile für die vollständige Bestückung der Pufferbrust.

Technik

Die technischen Komponenten entsprechen den Ausführungen wie beim Erstmodell, indem ein mittig liegender Fünfpoler mit zwei Schwungmassen über Kardanwellen und den Stirnrad-/Zahnradgetriebe alle sechs Achsen der Lok antreibt. Die beiden äußeren Achsen sind mit Haftreifen (beidseitig) bestückt. Die Zentralplatine ist auf dem Zinkdruckgußrahmen montiert und erfuhr natürlich eine technische Weiterentwicklung. Mittlerweise ist auf dieser eine 22polige Schnittstelle (PluX22) vorhanden. Unverändert ist die berücksichtigte Kurzkupplungskulisse des Modells sowie auch die Befestigung des Lokgehäuses aus Kunststoff. Das Abnehmen sowie das Aufstecken erfordert im Gegensatz zu anderen Modellen infolge der Nachbildung des Andreaskreuzes ein intensiveres Auseinanderspreitzen der Seitenwände.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ein Gewicht von 493 Gramm auf die Waage.  Das Modell fällt durch ein solides Fahrverhalten und durch die geringe Geräuschentwicklung auf. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 127 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. zwei % zu langsam, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 32 % zu niedrig.

Optik

Das Vorbild weist aufgrund der unterschiedlichen Baulose schon beim Vorbild einige Tücken auf, die sich in unterschiedlichen Größen und Anordnungen von Lüftergittern und Fenstern ergeben. Das vorliegende Modell weist korrekterweise linkerhand drei quadratische Lüftergitter sowie rechtshand zwei quadratische und einem eben quadratischen Führerstandsfenster auf. Alle Fenster sind in Alurahmen gefaßt, die paßgenau in den Kastenausnehmungen sitzen. Der Ausrundungsradius bei den Maschinenraumfenster wurde dagegen unverändert belassen, somit auch dieser immer noch zu als groß dargestellt wurde. Saubere Gravuren finden nicht nur bei den Lüftergittern, sondern auch im Türbereich mit der kleinen Griffmulde oder auch im Frontbereich auf. Die UIC-Dosen, beidseitig leicht rechtsmittig übereinander platziert, die Sprühdüsen und die Frontumläufe aus Metall sind bereits ab Werk montiert.

Einzelne Formänderungen sind am Dach feststellbar. Der Dachsteg wurde aus feinen Ätzteilen realisiert und ist in die Form eingesetzt. Neu sind auch die Lüfterklappen (witterungsgeschützte Deckel für die Luftausblasöffnungen) bei den Scherenstromabnehmer, die Wanisch-Wippen tragen. Typhone und die Zugfunkantenne sind als angesetzte Teile bereits montiert. Die Dachausrüstung ist vollständig umgesetzt. Die Drehgestellblenden sind dreidimensional und korrekt nachgebildet.

Farbgebung und Bedruckung

Roco hat im Gegensatz zu einem Mitbewerbermodell seine 1010 013-9 richtig lackiert. Der Lokkasten weist eine blutorange Farbgebung auf und erfügt über drei elfenbeinfarbige Zierlinien. Das Dach ist aluminiumweiß (silbern) und der Rahmen bzw. die Drehgestelle Tiefschwarz lackiert. Alle Farbtrennkanten sind sauber ausgeführt. Die Bedruckung ist ebenfalls tadellos ausgeführt. Die Lok ist bei der Zfl. Salzburg stationiert, als letzte Bremsuntersuchung ist der Lz 19.03.85 angeschrieben.

Beleuchtung

Das Beleuchtungskonzept wurde auf LED umgestellt. Weiße und rote LED leuchten fahrrichtungsabhängig und stellen somit das dreibegriffige Spitzenlicht bzw. das einbegriffige Schlußlicht dar. Erfreulich ist, daß beim Spitzenlicht indirekt imitiert wird. An dieser Stelle sei angemerkt, daß das LED-Beleuchtungskonzept eine Neukonzipierung des Lokrahmens erforderte.


Bilder


Bilder – Modell im zugerüsteten Zustand