Märklin 43992 / 43993: DB MDyge 986

Die Deutsche Bundesbahn (DB) hatte schon kurz nach ihrer Gründung im Jahre 1949 einen großen Mangel an Gepäckwagen. Aus Kosten- und Zeitgründen schied ein Neubau aus. Deshalb musste eine andere Lösung her. Mit dem Fahrzeugpark der ehemaligen Deutschen Reichsbahn übernahm die Bundesbahn auch etwa 600 Exemplare sogenannter Behelfspersonenwagen der Bauart MCi, die im Zweiten Weltkrieg gebaut worden waren.

Die relativ einfach ausgeführten Zweiachser basierten auf gedeckten Güterwagen. Sie bekamen zwei Endbühnen. die zu den Eingängen an den Stirnseiten führten. In die Seitenwände wurden einfache, holzgerahmte Fenster eingebaut und im Innenraum schlichte Holzbänke aufgestellt. Diese Wagen entsprachen schon bald nicht mehr den Anforderungen. Sie waren aber noch so gut erhalten, dass sich die Bundesbahn entschloss, sie als Spenderwagen für die hier vorgestellten Gepäckwagen zu nutzen.

Zunächst vergab sie einen Auftrag zum Bau von 100 Behelfsgepäckwagen. Am Umbau waren anfangs die Siegener Eisenbahnbedarf AG, Graaff in Elze, Linke-Hofmann-Busch in Salzgitter, Hansa Waggonbau in Bremen und die Waggonfabrik Rastatt beteiligt. Später lieferte auch das bahneigene Ausbesserungswerk in Siegen diese Fahrzeuge.

Beim Umbau wurden die alten, zweiachsigen Laufwerke entfernt, außerdem an einer Seite die Endbühne und die Stirnwand. Dann wurden die Wagenkästen an den offenen Seiten aneinander gefügt und miteinander verschweißt. Für die Drehgestelle mussten zwei Querträger eingezogen werden, und ein neues Sprengwerk sorgt für die nötige Stabilität.

In der Mitte jeder Wagenhälfte wurde auf jeder Längsseite eine Ladetür eingebaut und sämtliche Bänke aus dem Innenraum entfernt. Die Wagen wurden zunächst als MPw4i-50 bezeichnet und bekamen die Nummern 113 701 bis 113 944. 24 von ihnen wurden später in Autotransportwagen der Bauart MPw4i-56 umgebaut. Ab 1966 liefen die 220 Behelfs-Gepäckwagen als MDie 996 mit den Nummern 50 80 92-11 432-6 bis 50 80 92- 1I 605-7.

Zwar bewährten sich die Gepäckwagen im Betrieb, zeigten jedoch auch Nachteile. So wurden der fehlende Stirnübergang zu den Nachbarwagen und eine ebenfalls nicht vorhandene Einrichtung in den Gepäckräumen als störend empfunden. Die Bundesbahn entwickelte die Wagen entsprechend weiter und reihte die Fahrzeuge mit Übergängen und Einrichtungen ab 1957 als MPw4yg-57, Nummern 113 945 bis 113 994, in ihren Bestand ein. Die 50 Wagen wurden ab 1966 als MDyg 986 bezeichnet und in den Nummernkreis 50 80 92-11 300-2 bis 50 80 92-11 348-1 eingereiht.

Die Wagen bekamen Drehgestelle amerikanischer Bauart, sogenannte „Schwanenhals“-Drehgestelle, ausgemusterter Länderbahn-Reisezugwagen. Der genietete Hauptrahmen besteht hier aus unterschiedlichen Pressblechen aus normalem Baustahl. Kopfträger ergänzen die Konstruktion. Der Wagenkasten liegt über eine Drehpfanne mit seitlichen Gleitstücken auf der Wiege auf, die über Blatttragfedern mit dem Drehgestellrahmen verbunden ist. Der Rahmen stützt sich über Schraubenfedern auf einen an den Enden schwanenhalsförmig gekröpften Träger ab, der auf den Achslagergehäusen aufliegt.

Die Vollradsätze laufen in Rollenlagern. Die Führung der Radsätze übernehmen in den Rahmen integrierte Achshalter. Die Druckluftbremse gehört zur Bauart Hildebrand-Knorr HiK-GP mit zweistufiger Lastabbremsung. Die Bremszylinder sind im Untergestell aufgehängt und bewegen über den Gestängesteller die einfachen Grauguss-Bremssohlen.

Die Wagen werden über Schraubenkupplungen und normale Zughaken mit den Nachbarfahrzeugen verbunden. Federpuffer der Bauart Ringfeder übertragen die Stoßkräfte. Sie sind mit runden Tellern ausgestattet, die oben und unten abgeflacht sind. Zudem sind sie oben innen abgeschrägt und geben so den Berner Raum frei. Die Untergestell-Konstruktion wurde von den Spenderwagen übernommen und an die neuen Aufgaben angepasst. Es besteht aus Lang- und Kopfträgern sowie den beiden neuen Hauptquerträgern zur Aufnahme der Drehgestelle.

An beiden Enden sind Übergangsbühnen mit Trittstufen und festen Geländern vorhanden. Zunächst waren diese Bühnen offen, später wurden einfache Überdachungen aus Blech mit seitlichen Drehtüren montiert. Bei den MDyg 986 wurden daran später die Gummiwülste befestigt und bewegliche Übergangsbrücken nachgerüstet.

Die Wagenkästen bestehen aus einem Gerippe aus Stahlprofilen, dass von innen mit waagerechten Holzbrettern verkleidet ist. Die Dachkonstruktion wurde zunächst mit imprägniertem Segeltuch bespannt. Später wurden hier Blechbahnen verwendet. Vierflügelige, manuell zu bedienende Falttüren dienen zum Be- und Entladen. Die einfachen, nicht zu öffnenden Seitenfenster sind in Holzrahmen gefasst und, um Beschädigungen zu vermeiden, von innen vergittert.

Der komplette Innenraum dient als Laderaum. Sein Fußboden besteht aus Holzbohlen. Gepäckablagen und bewegliche Gittertrennwände dienen zum Verstauen des Ladeguts. Die Einrichtung des Gepäckraums wurde bei den später gebauten Wagen um weitere Trennwände erweitert. Nasse Gegenstände wie Fischbehälter können in einer Fischwanne abgestellt werden, die überlaufendes Wasser auffängt und ableitet.

An einem Wagenende sind ein Dienstraum, eine Toilette und ein Schrank abgetrennt. Im Dienstabteil gibt es zwei Schreib- und drei Sitzgelegenheiten sowie einen Notsitz. In Regalen und Fächern können Gegenstände und Papiere verstaut werden. Die Toilette ist nur mit einem WC-Becken ausgestattet.

Die Heizung kann mit Dampf oder elektrisch betrieben werden, die entsprechenden Heizleitungen sind vorhanden. Während die meisten Wagen nur mit einer Spannung versorgt werden können, sind die Wagen mit den Nummern 40 901 bis 40 909 mit einer Mehrspannungsheizung ausgestattet.

Die Lüftung erfolgt über Öffnungen über den Stirneingängen sowie über die geöffneten Ladetüren. Die Wagen beziehen ihre elektrische Energie aus an den Drehgestellen montierten Achsgeneratoren. Sie speisen über Gleichrichter die unter dem Boden aufgehängten Batterien. Als Innenbeleuchtung stehen Glühlampen oder Leuchtstoffröhren zur Verfügung.

Die Wagen behielten während ihrer gesamten Einsatzzeit ihren grünen Wagenkasten, zunächst war dies Flaschengrün, später Chromoxidgrün. Laufwerke und Untergestelle waren schwarz lackiert, die Dächer zunächst silberfarben, ab den 1960er-Jahren dann grau. Gegen Ende ihrer Einsatzzeit bekamen einige Wagen noch ein rotes Bundesbahn-Emblem.

Im Laufe ihrer Einsatzzeit wurden die Wagen mehrfach Änderungen unterzogen. So begann die Bundesbahn schon in den 1960er-Jahren die offenen Stirnübergänge der MDie 996 mit Gummiwülsten auszustatten, außerdem bekamen die Wagen eine Inneneinrichtung und wurden dann in MDyg 986 umgezeichnet. So waren bis Anfang der 1980er-Jahre nahezu alle MDie 996 verschwunden. Wagen, die bis dahin nicht umgebaut worden waren, wurden als MDie 996 ausgemustert. Bis Mitte der 1980er-Jahre war die Bauart ganz aus dem Bestand der Bundesbahn verschwunden. Auch die MDyg 986 wurden modernisiert. Am auffälligsten dabei war der Ersatz der Bretterverkleidung durch Spanplatten. Diese Wagen bekamen neue Gummi gefasste, feste Fenster mit runden Ecken. Dabei wurde die Zahl der Seitenfenster halbiert.

Die hölzernen Ladetüren wurden gegen solche aus Metall ausgetauscht. Bei dieser Bauart hat jedes Türelement ein eigenes Fenster. An den Stirnseiten wurden feste elektrische Zugschlussleuchten eingebaut. Die Wagen 40 901 bis 40 909 wurden für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h zugelassen. Die Umbauten wurden aber nicht konsequent umgesetzt, sodass es beispielsweise Wagen mit alten Kästen aber neuen Türen gab oder umgekehrt.

Bis in die erste Hälfte der 1980er-Jahre blieb der Bestand von etwa 320 Wagen weitgehend konstant, dann begann die planmäßige Ausmusterung. Anfang der I990er-Jahre waren nur noch etwa 150 Wagen im Bestand und Ende Dezember 1993 schieden die letzten, nun als MD 986 bezeichneten Wagen aus dem Park der Deutschen Bundesbahn aus, sodass keiner mehr zur Deutschen Bahn AG (DB AG) kam. Einige Exemplare überlebten die Verschrottung und befinden sich heute, teilweise betriebsfähig, in der Obhut mehrerer Eisenbahnmuseen und Museumseisenbahnen.


Modellvorstellung

Die Behelfsgepäckwagen der Gattungsbezeichnung MDyge 986 wurden bei Märklin im Rahmen der Herbst-Neuheiten 2016 als Neukonstruktion angekündigt. Im Rahmen dieser Neuheitenankündigung sind sogleich zwei verschiedene Ausführungen angekündigt worden. Die Artikelnummer 43992 wird als Einzelwagen mit Sound angeboten und zum UVP von € 149,99 feilgeboten. Die Einmalserie wird im Rahmen der Märklin-Händler-Initiatvie (MHI) mit mfx-Decoder gefertigt und weist aufgrunddessen zahlreiche Funktionen wie LED-Beleuchtung und rote Schlusslichter. Das Modell trägt die Betriebsnummer 50 80 92-11 851-4 und die Gattungsbezeichnung MDyge 986. Als Heimatbahnhof ist Basel Bad Bf. angeschrieben. Die Revisionsanschriften lauten auf REV Nms 29.10.76. Als Besonderheit liegt dieser Modellausführung eine Gepeckkarre bei.

Die zweite Modellausführung wird unter der Artikelnummer 43993 geführt, der UVP liegt bei € 119,99. Auch dieses Set wird exklusiv und einmalig für die MHI gefertigt und besteht aus zwei derartigen Modellen. Beide Modelle sind einzeln verpackt und werden in einer Kartonumverpackung ausgeliefert. Diese Modelle sind normale Personenwagen ohne Sound und eingebauten Decoder. Beide Modelle sind baugleich. Beim ersten Behelfsgepäckwagen ist die Betriebsnummer 50 80 92-11 324-1 und das Revisionsdatum REV Kar 02.04.77 angeschrieben. Das Schwesterfahrzeug erhielt die Betriebsnummer 50 80 92-11 836-5 mit den Revisionsanschriften REV Nms 08.06.76. Dieser Wagen ist in Saarbrücken beheimatet, währenddessen das erste Fahrzeug ebenfalls Basel Bad Bf. als Heimatbahnhof angeschrieben hat.

Die Modelle sind aus Kunststoff gefertigt und verfügen infolge des kastenmäßigen Aufbaues über zahlreiche Gravuren. Die Fenster sitzen paßgenau in den Öffnungen. Die Gummidichtungen wirken etwas klobig. Einzelne Fenster sind mit Vergitterungen versehen. Das glatte Dach bzw. der kahle Unterboden stehen den detailreichen Seitenwänden gegenüber. Die Schwanenhals-Drehgestelle wirken relativ konturenlos.


Bilder 43992


Bilder 43993/1


Bilder 43993/2