Roco 70330 / 7100005: BBÖ 310.20 / CSD 375

Die Reihe 310 ist wohl die eleganteste Konstruktion des bekannten Lokkonstrukteur Gölsdorf, der seine Konstruktionen stets den Anforderungen gegebener Streckenverhältnisse anpaßte. Bereits 1908 beschaffte die KkStB nach seinen Plänen die Reihe 210, die auf der Westbahn zum Einsatz kommen sollte. Der schlechte Heizwert der heimischen Kohle erforderte eine große, allerdings auch schwere Feuerbüchse. Gölsdorf löste dieses Problem, indem er die klassische Pacific-Bauform (2’C 1′) umkehrte, wodurch er einerseits die Überlastung der Schleppachse vermied und andererseits die Vorlaufachse und die erste Kuppelachse zwar als aufwendiges, aber gewichtssparendes Krauss-Helmholtz-Gestell ausführte. Diese doch beachtenswerte Konstruktion ging auch bei der Nachfolgereihe 310 ein. Während die Reihe 210 noch als Naßdampflokomotive ausgeführt wurde, ließ Gölsdorf die 310 erstmals als Heißdampflok mit dem Schmidt-Überhitzer ausführen. Der genietete Blechrahmen besteht aus dem Laufwerk, dem Triebwerk sowie dem Langkessel samt Führerhaus. Das Laufwerk besteht aus dem oben beschriebenen Krauss-Helmholz-Gestell, der drei großen Kuppelachsen und dem rückwärtigen Deichselgestell. Das Vierzylinder-Verbund-Triebwerk besteht aus einem inneren Hochdruckzylinder und einem äußeren Niederdruckzylinder sowie dem doppelten Kolbenschieber mit Heusingersteuerung. Der Rahmen trägt den konischen Kessel sowie rückwärtig das kleine Führerhaus mit der dazwischen befindlichen Feuerbüchse. Der fix angekuppelte Tender entspricht der österreichischen Tenderreihe 86 und ist vierachsig. Er hat ein Fassungsvermögen von 21 m³ Wasser und 8,72 m² Kohle.

Die KkStB beschaffte von 1911 bis 1916 bei heimischen Herstellern aufgrund des gestiegenen Bedarfs insgesamt 90 Loks, von denen 1918 einige bei Nachfolge-Bahnverwaltungen wie CSD oder PKP verblieben sind. Die ÖBB hatte nach 1945 noch 43 Stück im Bestand, die dort als Reihe 16 geführt wurde. 1957 endete der Einsatz der Reihe 310, sie wurden fortan als Heizloks verwendet. Die 310.23 kam als einzige zum Technischen Museum in Wien und wurde eigens zum 150-Jahr-Jubiläum 1987 in der Hauptwerkstätte Knittelfeld der ÖBB betriebsfähig aufgearbeitet. Die Lok kann heute im Heizhaus Straßhof bestaunt werden.


Modellvorstellung

Die Geschichte zum Roco-Modell der KkStB-Reihe 310 verdient einen Exkurs an frühere Erinnerungen und Entwicklungen. Die Verkündigung zur Modellkonstruktion dieser edlen Gölsdorf-Maschine geht auf eine vom Hersteller ausgerufene Bausteinaktion zurück, die dafür sorgte, daß in der letzten Hälfte der 1990er Jahre die noch vorhandene Museumslok 310.23 im AW Ceske Velenice betriebsfähig aufgearbeitet wurde. Die Baustein-Aktion hatte den Hintergrund, daß ein Teil des Kaufpreises als Beitrag zur Aufarbeitung verwendet wurde. Heute ist die Lok im Eisenbahnmuseum Straßhof beheimatet. Daß die Lok aber überhaupt noch fährt, hängt mit der Wiederinbetriebnahme für das große Eisenbahnjubiläum 1987 zusammen. Ein maßgeblicher Mitgestalter dieses Jubiläums, des Fuhrparkes und vor allem des gesamten ÖBB-Nostalgieprogrammes, Gerhard Soukup, hat uns leider am Morgen des 15. April 2023 verlassen. Lieber Gerhard, wir danken wir von Herzen, was Du alles geschaffen hast! Du hattest der Eisenbahn und der Nostalgie noch jenes Flair verliehen, um Menschen zu begeistern! Wir danken Dir für Dein unermüdliches Schaffen!

Diese Hommage war nun notwendig, um auch den Stellenwert zur Umsetzung des Modells bei Roco zu erläutern. Der Salzburger Hersteller hat die KkStB-Reihe 310 im Jahre 1998 als limitierte Neuheit mit einer Auflage von max. 7.000 Stück angekündigte. Der Preis der Bausteins betrug ATS 400,– (umgerechnet 32 Euro). Dem Modell lag damals ein unentgeltliches VHS-Video zu dieser Fahrzeugkonstruktion bei.

Roco hat seither verschiedene Modelle dieser ehrwürdigen Gölsdorf-Lokomotive realisiert. Im aktuellen Neuheitenprogramm von 2023 wurde eine Modellausführung mit Glanzblech angekündigt. Dampfloks mit Glanzblech gab es immer wieder und wurde bei mehreren Typen angewendet. Roco hat das Modell in drei verschiedenen Modellausführungen angekündigt und war danach überrascht, daß ein derart großes Interesse an dieser Modellausführung besteht, weshalb von diesem Modell im Herbst eine Nachproduktion stattfindet. Die BBÖ 310.20 ist in drei verschiedenen Modellausführungen verfügbar. Das vorliegende Modell gehört der Gleichstrom-Ausführung ohne Loksound an. Die Artikelnummer 70330 ist zum UVP von € 449,90 käuflich erwerbbar. Darüber hinaus werden auch Soundmodelle für das Gleichstrom-System unter der Artikelnummer 70331 und für das Dreileiter-Wechselstrom-System unter der Artikelnummer 78331 angeboten. Der UVP dieser Modellausführungen wird mit € 574,90 angegeben.

Verpackung

Roco liefert seine neue BBÖ-Lok in der bekannten Kartonverpackung aus, über welche ein Kartonüberzug angebracht ist. Nachdem Öffnen der Verpackung fallen verschiedene Papiere und ein Schaumstoffkörper ins die Augen. Das Modell steht auf einem Plastikgleis, auf das Modell ist eine Plastikhaube gesetzt, beides ist mit zwei Folienstreifen umgeben, um das Modell aus dem Schaumstoffkern ziehen zu können. Der Schaumstoffkern weist zwei Ausnehmungen auf. In der linken Aussparung sind drei Beutel abgelegt. Im ersten ist ein Ätzschildersatz abgelegt, im zweiten finden sich zu montierende Stufen und Griffstangen bzw. im dritten der Aufbau für den Dampfdom mit den beiden Sicherheitsventilen; das erklärt auch das sichtbare Loch beim Dampfdom des Langkessels. In der rechten Aussparung ist ein weiterer Zurüstbeutel abgelegt. In diesem finden sich die Anbauteile für die Pufferbrust, die Figuren des Lokpersonals und weitere Abdeckungen bzw. Übergangsbleche. Die Fahrzeugpapiere bestehen wie gewohnt aus der Betriebsanleitung, das Ersatzteilblatt, ein Montagehinweis für den Domdeckel und der Verarbeitungshinweis der geätzten Schilder.

Technik

Die Reihe 310 ist mit einem Tenderantrieb ausgestattet. Ein Mittelmotor befindet sich im Tendergehäuse und ist mit einer kleinen Schwungmasse versehen. Das Drehmoment wird über die beiden Wellenstummel und das Zahnradgetriebe auf die jeweils äußeren Tenderachsen übertragen. Diese sind mit Haftreifen belegt. Die beiden inneren Achsen sind als Laufachsen konzipiert. Zusätzlich wird das Drehmoment auch über den vorderen Wellenstummel mittels Kardanverlängerung und anschließendem Zahnradgetriebe auf die letzte Kuppelachse übertragen. Die beiden anderen Kuppelachsen werden dann durch das filigrane Gestänge übertragen. Manche Modellbahner beklagen, daß das Modell eine katastrophale Stromaufnahme hat. Diese findet über die Tenderachsen und lediglich über die Vorlaufachsen statt. Dieses Manko ist auch dem Hersteller bekannt, jedoch wurde bei bisherigen Neuauflagen die Verbesserung unterlassen. Das Manko ist wohl auf die damals explodierenden Konstruktionskosten zurückzuführen.

Das Öffnen der Lok erweist sich als aufwendiger Vorgang, wobei unbedingt den Angaben der Betriebsanleitung zu folgen ist. Als erstes müssen beide Fahrzeugteile getrennt werden, denn beide Modelle sind noch mit der alten Gabelkupplung verbunden. Vom Tender ist der Kohlenaufsatz abzunehmen, dann die Verlängerung der Kardanwelle zu entfernen und im Anschluß daran müssen Anbauteile und Griffstangen entfernt werden. Je nach Modellausführung sind auf der rückwärtigen Seite der Platine noch Steckverbindungen herauszuziehen. Erst dann läßt sich durch gegenläufiges Agieren das Tendergehäuse vom Tenderchassis abziehen. Es wird nun das Innenleben sichtbar. Die Tenderplatine befindet sich an der Oberseite und beinhaltet die achtpolige Decoderschnittstelle nach NEM 652. Roco weist in der Betriebsanleitung daraufhin, daß die Decodermontage feinmechanische Fertigkeiten erfordert und rät zur allfälligen Durchführung in einer Werkstätte. Der Mittelmotor ist unter der Platine im Fahrzeugrahmen eingelassen.

Das Roco-Modell war schon bei Erscheinen an Filigranität nicht zu überbieten und reihte sich fast im Kleinserienbereich an. Trotz dieser Standards verfügt das Modell über eine Kurzkupplungskulisse.

Fahrverhalten

Die Gölsdorf-Lok bringt ein Eigengewicht von 395 Gramm auf die Waage. Die Reihe 310 verfügt über eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 118 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 18 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie um ca. zwölf % zu langsam.

Optik

Die Optik des Modells wird maßgeblich durch die korrekte Nachbildung des konisch zulaufenden Langkessels der schönen Gölsdorf-Lady bestimmt. Roco hat diesen „Style“ perfekt getroffen und schon mit der damaligen Umsetzung neue Maßstäbe nicht nur feim Formenbau, sondern auch in der hochwertigen Modellierung geschafft. Daß dabei aus einem angekündigten ATS 4.000,– Modell eines mit dem fast doppelten Preis geworden ist, war dann ein anderes Thema. Das Modell punktet ungeachtet dessen durch unzählige Details. Bis auf die Schmierleitungen, die durch eine zusätzliche kupferne Bedruckung hervorgehoben wurden, sind alle Leitungen und Griffstangen einzeln angesetzt. Sicherheitsventile und der Sockel der Dampfpfeife sind als Messingdrehteil blank belassen. Als besonderes Highlight gelten die messingglänzenden Zierringe um den Dampfdom, am Schornstein und der Lampengläser. Die Lampen des Modells orientieren sich am Vorbild.

Der Detailreichtum macht aber nicht an den äußeren Elementen der 310er Halt, selbst der Blick in das Führerhaus zeigt eine korrekt nachgebildete Führerhauseinrichtung bzw. Rückwand der Feuerbüchse. Sauber eingesetzt sind die Fenster in das Führerhaus.

Das Fahrwerk galt damals wie heute als reine Augenweide. Mit diesen Bauteilen hat Roco in einem Sortiment und Produktionsmethoden völlig neue Maßstäbe gesetzt. Die großen Räder weisen zarte Metallspeichen auf. Sie sind mit blanken Radreifen versehen, ansonsten sind die Radsterne und Speichen schwarz lackiert. Gut sichtbar sind nicht nur die Nieten und die Federpakete, sondern auch ein wunderschön detaillierter Rahmen. Die Steuerung besteht aus gegossenen Metall- und gespritzten Kunststoffteilen, wobei die an den Gelenken befindlichen Nieten besonders fein ausgeführt sind.

Roco liefert das Modell fast vollständig zugerüstet aus. Dennoch müssen einige Teile noch angesetzt werden, wie der Domdeckel mit den Sicherheitsventilen oder auch die wenigen Metallgriffstangen. Für weiteren Selbstmontage liegen noch die Ätzschilder und die Aschkästen mit größeren Aussparungen für den ausschwenkbaren Nachlaufradsatz bei.

Farbgebung und Beschriftung

Normalerweise sind Dampflokomotiven immer monoton in schwarz lackiert. Doch bei diesem Modell verhält es sich diesmal anders, indem zum Farbton Schwarz als Grundfarbe der Farbton des sog. Glanzbleches hinzukommt. Die Stellen des Glanzbleches verteilen sich auf Verkleidungen der Zylinder und auf die hinteren Kesselschüsse inkl. der Feuerboxverkleidung. Das Thema Glanzblech ist wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt, sodaß immer wieder Diskussionen über die Ausprägung des Farbtons spekuliert wird. Hochpreisige Hersteller haben ebenfalls Modelle mit einer derartigen Optik verwirklich und wirken deutlich dünkler. Diese Loks wirken dunkelgrau. Das Bild auf dem Roco-Neuheitenprosekt weist einen eher dünkleren, glänzenden Blauton auf. Das ausgelieferte Ergebnis überrascht durch einen hellen Blauton. Was nun wirklich korrekt umgesetzt ist, kann ich nicht sagen. Jedenfalls ist das Modell einen Hingucker allemal Wert. (Exkurs: Da es kaum passende Wagen für solche Schnellzugloks gibt, siehe Hinweis bei der BBÖ 209 von Roco, würde noch am ehesten eine Orient-Express-Garnitur passen.) Das vorliegende Modell weist ansonsten wenige Anschriften auf. Die Lok ist mit der Betriebsnummer 310.20 bedruckt, am Tender ist die Nummer 86.20 zu sehen. Die Bedruckung ist lupenrein ausgeführt, neben den Lokschildern sind noch die Eigentumsschilder und die Fabrikschilder aufgedruckt. Am Tender ist noch ein Hinweisschild auf das Tankvolumen des Wasserkastens vorhanden.

Beleuchtung

Als diese Gölsdorf-Lok entwickelt wurde, gab es noch keine LED. Das Modell ist ist weiterhin mit Glühlampen versehen, die fahrtrichtungsabhängig sehr dezent leuchten. Es gibt kein Schlußlicht.


Bilder


Modellvorstellung Roco 7100005 – CSD 375.002

Nachdem dem Zerfall der Habsburgermonarchie haben sich in den früheren Ländereien eigene Staaten und Staatsbahnen etabliert. In Böhmen und Mähren ist es die CSD, die auf dem Gebiet der Tschechoslowakei für den Eisenbahnbetrieb verantwortlich war. Gleichzeitig sind mit dem Zusammenbruch des Habsburgerreiches auch alle auf dem Gebiet verbliebenen Fahrbetriebsmittel an die Nachfolgegesellschaften anheimgefallen. Die CSD hat daher nach 1918 mehrere Lokomotiven der KkStB-Reihe 310 übernommen und als neue CSD-Reihe 375 eingereicht. Die 24 verbliebenen Lokomotiven erfuhren dabei auch optische Veränderungen, welche an der gegenwärtigen Modellausführung der hochwertigen CSD-Dampflokomotive erkennbar sind. Diese sind sinbesondere an der geänderten Ausführung der Rauchkammertüre ersichtlich. Weitere Veränderungen betreffen das Dach des Führerhauses oder auch die beiden Behälter über dem Umlaufblech an der Heizerseite. Formänderungen sind auch am Kastenaufbau des Tenders unverkennbar. Roco hat seiner Gölsdorf-Maschine die CSD-Nummer 375.002 vergeben. Die Maschine ist in Brno beheimatet. Ein Untersuchungsdatum ist nicht zu finden. Roco bietet das Modell nur als Gleichstrom-Fahrzeug an. Die analoge Modellausführung ist zum UVP von € 449,90 zu haben, die Modellausführung mit Loksound unter der Artikelnummer 7110005 verfügt über einen UVP von € 579,90.

Als passende Reisezugwagen offeriert der Hersteller in den Neuheiten 2024 zwei Wagensets mit den Artikelnummern 6200036 und 6200037. Das Set 6200036 besteht aus je einem Wagen 1./2. Klasse, 2. Klasse (beide grün) und einem Speisewagen auf Basis der Reichsbahn-Gruppe 28. Das Set 6200037 beinhaltet zwei Ergänzungswagen einer anderen Reichsbahnbauart mit je einem Wagen 1./2. Klasse und 2. Klasse.