Roco 34100 / 34101 / 34102 / 34103 / 6240001: ÖBB-Schmalspurspantenwagen

Die Entwicklung der österreichischen Schmalspurpersonenwagen

Die frühen Bahngesellschaften in der Monarchie haben für den Personenverkehr zweiachsige Personenwagen bei der heimischen Fahrzeugindustrie beschafft. Überraschenderweise wurden diese alle schon nach einheitlichen Kriterien erstellt. Die ersten 760 mm Schmalspurpersonenwagen verfügten über einen Achsstand von 3,7 Meter, einen Raddurchmesser von 60 cm, offene Plattformen und grundsätzlich acht Fenster. Nur die Steyrtalbahn wich von dieser Fensteranzahl ab. Diese Wagen verfügten über zehn Fenster. Die Langträger sind weit nach außen gelagert, die Blattfendern sind – von außen unsichtbar – innerhalb der Achslager angeordnet. Diese Laufwerksanordnung wurde in allen Zeichnungen als L1 geführt. Der Wagenkasten liegt etwa 50 cm über der Schienenoberkante. Nur die schmalen Wagen der SKGLB hatten bei engerliegenden Langträgern die Federn außen angeordnet, wie dies bei neueren Bauarten her bekannt ist. Der Wagenkasten der Ursprungsbauart der 3. Wagenklasse ist bei gleicher Untergestelllänge kürzer als jener der Polsterklasse. Personenwagen mit den Gattungsbezeichnungen AC und/oder BC haben daher ungleiche Fensterteilungen. Solche achtfenstrigen Schmalspurpersonenwagen waren bis in die Neuzeit in Betrieb, zuletzt vor allem bei der Zillertalbahn und auch auf einzelnen Strecken der Steiermärkischen Landesbahnen.

Sie kommen – mitunter sind sogar die Stirnwände verglast – schaulustigen Touristen oder Fahrgästen entgegen, und da sich die Fenster auch ganz öffnen lassen (Fallfenster), war selbst im Hochsommer das Fahren angenehm. Neubauten mit solch extremen Vorteilen würden wir heute als hochleistungsbelüftete Rund-um-Sicht-Wagen bewerben. Die dünnen Streben zwischen den Fenstern sind jedoch für den robusten Bahnbetrieb zu schwach, daher erhielten die meisten Wagen bei Hauptuntersuchungen oder Generalreparaturen vierfenstrige Wagenkästen mit breiteren Fensterstegen, vergleichbar mit den Neubaufahrzeugen aus den 1920er Jahren.

Die für Österreich gebauten Schmalspurfahrzeuge sind alle mit zentraler Zug- und Stoßvorrichtung ohne durchgehende Zugstange ausgestattet. Aufgrund unterschiedlicher Pufferformen kommt es zu geringfügigen Differenzen bei der Länge über Puffer. Umbauten haben mitunter für das heutige Aussehen der Fahrzeuge gegenüber dem Erscheinungsbild bei Ablieferung gesorgt. Dabei sind auch ganz wesentliche Umbauten passiert.

Neben den zweiachsigen „Einheitsschmalspurwagen“ wurden schon frühzeitig vierachsige Schmalspurpersonenwagen in Betrieb genommen, welche hier aber nur am Rande erwähnt bleiben. An dieser Stelle sollen dabei die Gepäck- bzw. kombinierten Post-/Gepäckwagen erwähnt werden.

Auf den meisten österreichischen Schmalspurbahnen gab es anfangs neben der 3. Klasse nur die 1. Klasse, die deshalb als AC-Wagen bezeichnet wurden. Im Jahr 1916 erfolgte die Deklassierung in die 2. Klasse. Im Jahr 1956 verwand dann infolge von internationalen Vereinbarungen die 3. Wagenklasse. Grundsätzlich wurde der Schmalspurwagenpark in der 2. Klasse geführt. Wagen 1. Klasse fanden sich noch auf der Zillertalbahn und der elektrisch betriebenen Mariazellerbahn aus Komfortgründen.

Der Fuhrpark auf den Österreichischen Schmalspurbahnen wurde mit einer einfach wirkenden Saugluftbremse, automatisch oder umschaltbar, ausgestattet. Bei der Stubaitalbahn kamen hingegen Druckluftbremsen zum Einsatz. Die Saugluftbremse – auch Vakuumbremse genannt – entspricht sehr gut dem Betrieb auf langen Gefällestrecken, weil sie gut zu regeln und unerschöpfbar ist. Die Steyrtalbahn verwendete zu Beginn eine Friktionsbremse mit folgender Wirkungsweise: Ein Zugseil lief entlang des ganzen Zuges, das von der Lokomotive aus mechanisch die Bremsen betätigte. Diese Bremsart kam auch auf Schmalspurstrecken in Sachsen zum Einsatz. Dort war diese Bremsart als „Heberleinbremse“ bekannt, die von Jacob Heberlein entwickelt und 1856 mit einem Patent bedacht wurde.

Die österreichischen Schmalspurbahnen wurden zunächst alle als Privatbahnen gegründet und haben daher ihren Fuhrpark auch eigenen Gesichtspunkten nummeriert. Zur Betriebsnummer wurde stets eine Gattungsbezeichnung angeführt. Als die Privatbahnen dann unter die Hoheit des Staates gekommen sind, war eine Umzeichnung der Fahrzeuge notwendig. Das Anführen aller Umzeichnungen ist daher zu komplex, weshalb hier auf anderes Schrifttum verwiesen wird. Als gute Hilfe für die Neuzeit sei die Publikationsreihe „Tiroler Verkehrsschriften“ genannt.

Die zweiachsigen Wagen bei den ÖBB

Die ÖBB hatten nach dem Zweiten Weltkrieg gleich mehrere Serien von zweiachsigen Schmalspurpersonenwagen im Bestand. Zu Beginn der 1950er Jahre erfolgte die Umzeichnung der Serien, indem die Wagen eine vierstellige Nummer erhielten. Damit wurde der Wirrwarr der verschiedenen Nummerierungssysteme der einstigen Direktionen aufgelöst und bislang existierende Doppelnummern beseitigt.

Die Wagen der Ursprungsbauart wurden als sog. „Haubendachwagen“ bezeichnet und im Nummernkreis Ci(ho)s bzw. ab 1956 als Bi(ho)s 3600 eingeordnet. Die aus diesen Wagen umgestalteten Wagen wurden als Spantenwagen bezeichnet, die im Nummernkreis Ciho bzw. Biho 3850 zu finden waren. Spantenwagenumbauten fanden auch bei den Gepäckwagen statt.

Da der Fuhrpark eben aus der Gründerzeit bestand, und die Fahrzeuge nicht nur veraltetet und in die Jahre gekommen waren, wurden die Wagen mit dem Holzkastenaufbau einer Modernisierung unterzogen. Die ÖBB haben zwischen 1954 und 1960 diese Wagen dem Spantenwagen-Programm unterzogen. 41 Wagen aus der Gründerzeit wurde auf den alten Fahrgestellen nach Spantenbauweise neu aufgebaut. Die Fahrzeuge erhielten einen Wagenkasten aus Stahl und waren zunächst in Tannengrün lackiert, später auch im Farbton Mariazellerbraun. Die Wagen hatten einheitlich vier große Fallfenster und wurden mit und ohne WC ausgestattet. Die Wagen waren auf allen Schmalspurstrecken der ÖBB zu finden, die braun lackierten Wagen kamen auf der Zweiglinie nach Gresten zum Einsatz und trugen die Fahrzeugbezeichnung Biho/s 3852, 3857 und 3866. Diese Schmalspurpersonenwagen sind mit Elektro- und Webastoheizung ausgestattet. Alle drei Wagen besitzen Achslager der Bauart N.

Bei den anderen Spantenwagen handelt es sich um die Packwagen mit der Bezeichnung Dgi/s 6900 bis 6903, den Dienstwagen Diho/s 6505 bis 6507 und die Bahndienstwagen 97306 und 97501, die als Gerätewagen geführt wurden.


Modellvorstellung

Es war die Überraschung schlechthin, als Roco in Neuheitenprogramm von 2022 die Neukonstruktion der zweiachsigen Spantenwagen angekündigt hat. Diese Neuankündigung war längst überfällig, weil die von einem Mitbewerber erhältlichen Modelle keine korrekte Abbildung des Originals waren. Gerade die Dachform der bekannten Liliput-Personenwagen entsprach in der Ausrundung nicht ganz dem Original.

Bei dieser Neuheitenankündigung wurden drei verschiedene Modelle vorgesehen, die alle über Ganzfenster, Websasto-Heizgerät und sonstige Detaillierungen verfügen, wobei die Modelle in der frühen Epoche IV angesiedelt sind. Roco selbst hat sich für diese neuen Modelle nachstehende Prämissen gesetzt:

  • Gravuren in authentischer Ausführung,
  • Detaillierte Nachbildung der Türen,
  • paßgenau eingesetzte Ganzfenster,
  • durchbrochen dargestelle Trittstufen,
  • Bühnenbereich mit nahezug unsichtbarer Kupplungsbefestigung,
  • filigran ausgeführte Bühnendetails, und
  • aufwendig nachgebildeter Unterboden.

Ein Jahr nach der Ankündigung gelangten die ersten Modelle in den Fachhandel. Die Auslieferung der neu konstruierten Personenwagen erfolgt in der bekannten Blisterverpackung des Herstellers. Die Modelle sind in einem eigenen Blistereinsatz und zusätzlicher Folie transport sicher verpackt.Unter dem Blistereinsatz ist die Betriebsanleitung abgelegt. In einer Seitentasche sind zwei Zurüstbeutel eingeschoben. In einem Zurüstbeutel sind die alternativen Kupplungsteile beigelegt.Beim zweiten Zurüstbeutel handelt es sich um einen lackierten Blechschildersatz mit den Nichtraucherschilder und drei verschiedenen Zuglaufschildern.

Die Schmalspurwagen der ÖBB sind aus Kunststoff gefertigt und weisen neben maßstäblich umgesetzten Wagenkästen auch korrekt nachgebildete Dächer auf. Die Seitenwände sind glatt ausgeführt und weisen paßgenau eingesetzte Fenster auf. Das Bleichdach ist mit Schweißnähten unterschiedlichen Abstandes auf. Filigraner ausgeführt ist schon der Einstiegsbereich mit den aufwendig nachgebildeten Einstiegstüren. Der Wagenboden ist vollständig nachgebildet, selbst die WC-Ausflußrohre sind vorhanden.

Am Wagenboden ist eine zentral drehende Kurzkupplung montiert. Auch die Inneneinrichtung der Modelle kann sich sehen lassen, indem bei den einzelnen Wagen sogar die WC-Kabinen nachgebildet wurden.  Der UVP pro Modell beträgt € 59,90.


Bilder 34100

ÖBB-Schmalspurwagen Bi/s 3858 mit Ganzfenster, WC, Webasto-Heizgerät, Nichtraucher-Wagen.


Bilder 34101

ÖBB-Schmalspurwagen Bi/s 3863 ohne WC, mit Ganzfenster.


Bilder 34102

ÖBB-Schmalspurwagen Bi/s 3874, mit Ganzfenster, WC, Webasto-Heizgerät, Nichtraucher-Wagen.


Modellvorstellung 34103

Dieses Set wurde als Neuheit 2023 angekündigt und besteht aus drei Spantenwagen mit und ohne WC und in mariazellerbrauner Farbgebung. Die Farbgebung deutet auf einen Einsatz im Netz der Mariazellerbahn hin, konkret sind die Wagen auf der „Krumpen“ zum Einsatz gekommen. Die „Krumpe“ war die Verbindungsbahn von Ober Grafendorf durch das liebliche Mostviertel nach Wieselburg an der Erlauf. Die drei Modelle entsprechen der technischen wie optischen Umsetzung, welche oben schon beschrieben wurde. Die genauen Fahrzeugangaben werden beim jeweiligen Modell gemacht. Die Modelle sind als Epoche IV-Fahrzeuge umgesetzt. Der UVP des Sets wurde mit € 179,90 festgesetzt.


Bilder 34103/1

Braun lackierter Spantenwagen Biho/s 3857, am Modell sind verschiedene Untersuchungsdaten aufgedruckt. Im Lackraster steht das Datum Hw Pn 11.58 bzw. Hz Unt. Pn 07.76.


Bilder 34103/2

Das zweite Modell weist die Fahrzeuganschriften Biho/s 3866 auf. Auf der Stirnwand der Plattform stehen die Angaben Hw Pn 07.56 bzw. Hz Unt. Pn 07.74.


Bilder 34103/3

Beim letzten Modell handelt es sich im den Biho/s 3852, welcher die Angaben Hw Pn 05.54 bzw. Hz Unt. Pn 02.74.


Modellvorstellung 6240001

Nach der erfolgreichen Umsetzung der neuen, schmalspurigen Spantenwagen hat Roco eine Formvariante vorgenommen und dabei erstmals eine Modellausführung mit Übersetzfenster vorgesehen. Die Übersetzfenster wurden im Rahmen von Ausbesserungsarbeiten in der HW St. Pölten eingebaut. Hierbei waren die Fensterecken mit nachträglichen Verkleidungen anzupassen. Da beide Varianten der Vorbildwagen im Regelbetrieb zum Einsatz kamen, hat Roco für 2024 eine dreiteilige Sonderserie „Pinzgauer Lokalbahn“ geschafften. Primär zielt das Set als ideale Ergänzung zur ebenfalls angekündigten 399.01 als Museumslok im Pinzgau ab. Roco liefert die drei Modelle wiederum einzeln verpackt in einem Dreierset. Das Set umfaßt die Modelle Bi 3867-4 (Ganzfenster, Nichtraucher), Bi 3870-8 (Übersetzfenster, Nichtraucher) und Bi 3868-2 (Ganzfenster, Raucher). Alle Wagen sind in Zell am See stationiert. Das Dreierset wird zum UVP von € 189,90.


Bilder 6240001/1

Das erste Modell ist als Bi 3867-4 beschriftet, verfügt über Ganzfenster und wurde mit den neueren Nichtraucher-Piktogrammen versehen. Im Revisionsraster sind die Untersuchungsdaten 2 REV Z 27. 3.93 angeschrieben.


Bilder 6240001/2

Der Schmalspur-Spantenwagen mit den Übersetzfenster trägt die Wagennummer Bi 3870-8 und ist ebenfalls ein Nichtraucher-Wagen. Die Untersuchungsdaten werden mit den Angaben 2 REV Z 19. 2.93 angegeben.


Bilder 6240001/3

Das dritte Schmalspurfahrzeug mit der Betriebsnummer Bi 3868-2 ist mit den blauen Raucher-Piktogrammen versehen. Seine Untersuchungsdaten lauten auf 2 REV Z 16. 4.93.