Piko 40304: DB-Baureihe 118
Bereits im Jahr 1933 hatte die AEG von der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft den Auftrag zur Entwicklung einer leistungsfähigen Lokomotive für den schweren Schnellzugdienst erhalten. Für leichte und mittelschwere Züge standen die Baureihen E 04 und E 17 zur Verfügung, mit denen recht gute Erfahrungen gesammelt worden waren.
Es lag deshalb nahe, auch bei der Neuentwicklung auf bewährte Bauteile zurückzugreifen. So wählte die AEG für die Baureihe E 18 wiederum den bewährten Kleinow-Federtopfantrieb. Die Fahrmotoren mit einer Leistung von je 760 kW entsprechen genau jenen der Reihe E 04, von der auch die elektrische Ausrüstung weitgehend übernommen wurde. Die beiden Laufachsen sind mit den benachbarten Treibachsen in einem Krauss-Helmholtz-Lenkgestell der Bauart AEG gelagert. Durch einen Druckluft-Zylinder konnte die Rückstellkraft in Abhängigkeit der Fahrtrichtung verstärkt werden. Im Hinblick auf die geforderte Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h wurde der Lokomotivkasten der E 18 mit einer windschnittigen Kopfform ausgeführt, die man heute als nahezu zeitlos und zweckmäßig bezeichnen darf.
Aus der ersten Lieferserie gingen im Jahr 1935 die Lokomotiven E 18 01 bis 09 an das BW München Hbf. und die Maschinen E 18 10 bis 17 an das BW Hirschberg in Schlesien. Ausgedehnte Meßfahrten im Juni 1935 und im März 1936, die zwischen Stuttgart und München durchgeführt worden waren, lieferten die Beweise für die guten Laufeigenschaften und die Leistungsfähigkeit der Baureihe E 18. Bei diesen Meßfahrten, die im Jahr 1936 auch auf die Strecke München – Nürnberg ausgedehnt wurden, konnte ohne Schwierigkeiten eine Höchstgeschwindigkeit von 165 km/h erreicht werden.
Aufgrund dieser sehr guten Leistungen wurde die Baureihe E 18 auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1937 mit einem „Grand Prix” ausgezeichnet und mit zwei Ehrenurkunden gewürdigt. Bis zum Jahr 1940 waren die Aufträge für insgesamt 92 Lokomotiven der Reihe E 18 erteilt worden. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führte zur Stornierung geplanter Lieferserien. Es blieb bei insgesamt 53 Lokomotiven, die im Jahr 1941 in den Bahnbetriebswerken München, Augsburg, Nürnberg, Regensburg, Stuttgart, Saalfeld, Leipzig und Hirschberg beheimatet waren. Hinzu kamen noch die Lokomotiven mit den Betriebsnummern E 18 201 bis 208 (spätere ÖBB-Reihe 1018), die im Jahr 1940 an das BW Salzburg abgeliefert worden waren. Bei diesen acht Lokomotiven handelt es sich um eine eigenständige Konstruktion der BBÖ in Anlehnung an die deutschen Schwestermaschinen der Baureihe E 18. Diese Maschinen verblieben aber nach 1945 in Österreich, außerdem die Lokomotiven E 18 42 (ÖBB 1118.01) und E 18 046 (spätere ÖBB 1018.101). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, da0 bei den Lokomotiven ab der Betriebsnummer E 18 045 eine „0“ vor die Ordnungsnummer gesetzt worden war. da man damals noch beabsichtigt hatte, mehr als 100 Maschinen in Dienst zu stellen.
Aus vorhandenen Teilen baute die Firma Krupp nach 1945 noch die beiden Maschinen E 18 054 und 055 im Auftrag der Deutschen Bundesbahn. Während des Krieges waren insgesamt sechs Lokomotiven verlorengegangen oder so stark beschädigt worden, daß eine Reparatur unmöglich war. Weitere sechs Fahrzeuge verblieben der Deutschen Reichsbahn in der DDR. Der Deutschen Bundesbahn standen, zusammen mit den beiden Neubauten. Insgesamt 41 Maschinen der Baureihe E 18 zur Verfügung, die im Jahr 1953 auf die Betriebswerke München, Nürnberg, Regensburg und Stuttgart verteilt waren.
Im Merkbuch für Fahrzeuge der Deutschen Reichsbahn wird der Anschaffungspreis für eine E 18 der Lieferserie 1935 mit 397.390 RM angegeben. Für eine Maschine der Serie El8 201 bis 208 wird dagegen bereits ein Preis von 536.440 RM genannt.
Die Fahrzeuge sind ursprünglich mit Frontschürzen geliefert worden. Bei der E 18 01 war die Schürze auf den Bereich unterhalb der Pufferbohle beschränkt, bei anderen Maschinen reichte sie seitlich bis vor die Laufachse. Später entfernte man die Schürzen bei der DR teilweise und bei der DB vollständig. Eine Bildfolge soll die einzelnen Ausführungen veranschaulichen. Drei der in der DDR eingesetzten Lokomotiven sind im Jahr 1969 von der DR für eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h umgebaut worden. Mit diesen Maschinen, es handelt sich um die E 18 19, 31 und 40 aus dem BW Halle P, werden moderne Reisezugwagen im Geschwindigkeitsbereich von 160 km/h erprobt.
Bei der Deutschen Bundesbahn standen am 31.12.1975 noch alle 41 Lokomotiven im Einsatz. Als Reihe 118 zählten sie zum Bestand des Betriebswerkes Würzburg. Mit der 118 028 erhielt das erste Exemplar im Sommer des Jahres 1975 den Anstrich im neuen Farbschema Ozeanblau/Beige. Bei dieser Lokomotive und auch bei einigen weiteren Maschinen findet man weit vorgezogene Lampenverkleidungen. Bei anderen Fahrzeugen sind die Frontlampen dagegen voll in die Stirnfront eingelassen.
Die E 18 bei der DR in der DDR
Sechs Lokomotiven der Baureihe E 18 sind nach dem Kriege bei der DR verblieben. Drei davon wurden an die DB im Tausch gegen dringend benötigte Ersatzteile abgegeben, verblieben sind die E 18 19, E 18 31 und E 18 40.
Die Forderung der Schienenfahrzeugindustrie in der DDR nach Triebfahrzeugen, mit denen die für den Export bestimmten Reisezugwagen im Geschwindigkeitsbereich 160 bis 200 km/h getestet werden konnten, veranlaßte die DR zum Umbau der E 18 als Schnellfahrlokomotiven. Zwar standen mit den Dampflokomotiven 18 201 (aus 61 002 umgebaut) und 18 314 (umgebaute bad. IV h1-3) zwei Maschinen mit 175 km/h bzw. 150 km/h Höchstgeschwindigkeit zur Verfügung, doch war deren Zugkraft im oberen Geschwindigkeitsbereich sehr gering. Die 18 314 z. B. brauchte einen Weg von 8,5 km und eine Zeit von 5,5 min. um einen Zug von 160 Tonnen Last auf 130 km/h zu beschleunigen. Die als Schnellfahrlokomotive umgebaute E 18 schaffte das schon nach 3,1 km und 2,0 Minuten. Größere Anhängelasten konnten von den Dampfloks in diesem Geschwindigkeitsbereich nicht mehr bewältigt werden. Und 160 Tonnen waren immerhin nur vier, manchmal sogar nur drei Schnellzugwagen. Es gab auch ein Projekt, einige Maschinen der Baureihe E 11 als Schnellfahrlokomotiven auszurüsten (Vmax = 200 km/h), doch dieses Vorhaben wurde nicht ausgeführt bzw. weiterverfolgt. So entschloß man sich zum Umbau der E 18, die bereits in den Jahren 1935 und 1936 bei Versuchsfahrten Höchstgeschwindigkeiten von 165 km/h (mit 392 Tonnen Last) erreicht bzw. Höchstlasten von Tonnen Mp bei einer mittleren Geschwindigkeit von 96 km/h gezogen hatte.
Im Juni 1967 waren die konstruktiven Unterlagen für den Umbau erarbeitet und wurden dem dem RAW „Otto Grotewohl” Dessau (dem Unterhaltungs-RAW aller Elektrolokomotiven der DR) zur Ausführung übergeben. Im Jahre 1969 wurden die E 18 19 und die E 18 40,im Jahre 1970 die E 18 31 für Vmax = 180 km/h vom RAW Dessau abgeliefert. Die Maschinen kamen zum BW Halle P und gehörten der VES-M Halle (S). Leider war der E 18 40 kein langes Leben beschieden. Kaum umgebaut, erlitt sie einen Unfall und mußte als Schadlok abgestellt und später ausgemustert werden. Der Unfall geschah 1969 im Bf. Großkorbetha bei Weißenfels. Die E 18 40, Vorspann zu einer E 11, wurde versehentlich auf ein besetztes Gleis geleitet.
Der Lokführer konnte noch eine Schnellbremsung einleiten und sich mit seinem Beimann im Maschinenraum auf den Boden legen. Das Personal der E 11, das keine Streckensicht hatte, ahnte nicht die bevorstehende Katastrophe und wurde leider tödlich verletzt. Geblieben sind also nur noch die zwei E 18, die weiterhin ihren Dienst beim VES-M Halle (S) zur Verfügung standen und. wenn sie nicht im Versuchsdienst eingesetzt wurden. Planleistungen für das BW Halle P fuhren.
… und die Lokomotiven in der Ostmark und der Nachbau …
Neben den 53 Lokomotiven der DRG/DRB beschaffte die bis dahin noch eigenständige BBÖ für österreichische Verhältnisse angepaßte acht Triebfahrzeuge, die bei der DRB als E 18.2 eingereiht wurden. Die Kriegsfolgen führten zur Verteilung der Bestände. Die E 18.0 kamen zur Deutschen Reichsbahn (Ost), zur Deutschen Bundesbahn und zur ÖBB. Die Deutsche Bundesbahn ließ in den Jahren 1954/55 noch zwei weitere Maschinen bauen und reihte diese als E 18 054 und 055 in den Bestand ein. Die Fahrzeuge kamen überwiegend im süddeutschen Raum zum Einsatz und waren bei den Bw München, Nürnberg, Regensburg, Augsburg und Freilassing stationiert. 1984 endete der Planverkehr dieser formschönen Loks.
Die Lokomotiven waren nach Kriegsende grün lackiert und erhielten danach eine blaue Lackierung. Mit der Einführung des neuen Farbschemas im Jahre 1974 wurden drei Lokomotiven (118 013, 118 028 und 118 049) ozeanblau/beige lackiert.
Modellvorstellung
Piko versucht auch in der Spurweite N den Markt zu beleben und überraschte mit der Ankündigung, die BR E 18/118 nachzubilden. Neben der Produktion in der bekannten, blauen Lackierung folgte als Neuheit 2015 die Ausführung in ozeanblau/beige (Artikel-Nummer 40304).
Verpackung
Die Auslieferung der deutschen Schnellfahrlok erfolgt in einer zweiteiligen, stabilen Blisterbox. Nach dem Abzug des Oberteiles und der Abnahme entsprechender Schutzteile ist das Modell aus der Verpackung entnehmbar. Unter dem Plastikeinsatz befinden sich noch eine Betriebsanleitung sowie das integrierte Ersatzteilblatt sowie ein Beutel mit Zurüstteilen, der aus vier Stufen für die Führerstandstüren besteht. Die Montage der vier Leitern empfiehlt sich allerdings nur dann, wenn der jeweilige Modellbahner eine Anlage mit Mindestradien von 396 mm besitzt.
Technik
Die technischen Komponenten des Antriebes verstecken sich unter dem Kunststoffgehäuse der Lokomotive. Zum Abzug des Gehäuses empfiehlt es sich, unbedingt den Angaben in der Beschreibung zu folgen und die Pufferbrust festzuhalten, damit das Chassis sich abziehen lässt. Man findet dann ein geordnetes Innenleben der Lok vor. Der Motor mit Schwungmasse ist im Metallrahmen verbaut. Um an diesen heranzukommen, müssen zuvor zahlreiche Einfassungen und die Platine entfernt werden. Darüber befindet sich einerseits die in den Rahmen eingeklipste Hauptplatine und anderseits die Platine für die Beleuchtung. In der Hauptplatine ist eine PluX16-Schnittstelle vorgesehen, indem werkseitig ein Brückenstecker zum Betrieb der Lok im Analogbetrieb eingesetzt ist. Für den nachträglichen Decoder-Einbau empfiehlt Piko die Artikelnummer 46211.
Die Stromabnahme erfolgt über die vier Antriebsachsen, die vom Motor direkt über ein Schneckengetriebe angetrieben werden. Die jeweils innersten beiden Treibachsen sind mit je einem Haftreifen, diagonal versetzt, ausgestattet. Das Modell hat ein Eigengewicht von 85 Gramm.
Fahrverhalten
Das Modell legte bei seinen Testrunden ein ordentliches Fahrverhalten an den Tag. Die Lokomotiven der BR 118 waren für eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h konzipiert. Das entspricht bei einer Spannung von 12 V Gleichstrom einer Modellgeschwindigkeit von ca. 180 km/h. Unter Berücksichtigung der NEM-Werte ist die Lok bei der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 20 % zu schnell, gegenüber der Modellbahngeschwindigkeit, für die die NEM eine Erhöhung des Wertes um 50 % vorsieht, um ca. 31 % zu langsam.
Optik
Piko ist mit der Modellumsetzung dieser zeitlos eleganten Schnellzuglokomotive ein Glücksgriff gelungen. Dies wird auch bei genauerer Betrachtung des Lokkastens mehr als evident. Das Chassis besteht aus einer Vielzahl filigran ausgeführter Nietenreihen und aus mehreren, sauber ausgeführten Lüftergitter. Die Griffstangen der Türen stellen fast schon eine optische Täuschung dar und sind an der Seitenwand angespritzt. Dagegen sind die beiden Frontumläufe als extra angesetzte Teile besonders dezent ausgeführt. Sämtliche Fenster sind passgenau in den Lokkasten eingesetzt und heben sich farblich durch entsprechende Bedruckungen ab, gleiches gilt auch für die Scheibenwischer an den Frontfenstern.
Das aufwendig zu modellierende Laufwerk stellt die nächste Augenweide dar, welches im Halbrelief dargestellt ist. Die Laufflächen der Bremsklötze tangiert eher das äußere Ende der Achslauffläche, wobei die vier Antriebsachsen für den besseren Kurvenlauf ein entsprechendes Seitenspiel von ca. 3 Millimeter aufweisen.
Der abschließende Blick gehört dem Dach. Dieses besteht auf zwei vorbildgerecht gefertigten und äußert filigran wirkenden Stromabnehmern der Bauart DBS 54a. Die Dachleitungen zeichnen sich durch hauchdünne Drähte aus, mustergültig gefertigt sind auch die Isolatoren, der Hauptschalter sowie alle weiteren Dachpartien einschließlich der Dachstege und der Nietenreihen dar.
Farbgebung und Beschriftung
Obwohl der Großteil der Lokomotiven über ein vollflächiges Lackierungsschema verfügte, wurden drei Maschinen im unbeliebten ozeanblau/beige lackiert. Eine Herausforderung stellte dabei die Lackierung des Farbüberganges an den runden Stirnfronten dar. Bei genauerer Betrachtung unter der Lupe wird ersichtlich, dass Piko hier genauso Probleme bei der Umsetzung hat wie andere Hersteller auch. Trotz dieser kleinen Schwierigkeiten sind am Testmodell keinerlei Qualitätsmängel zu konstatieren. Die Bedruckung ist trennscharf ausgeführt und unter der Lupe gut lesbar.
Beleuchtung
Die Beleuchtung der Modelle besteht aus LED-Lichtkörpern, die richtungsabhängig entweder in weiß (Spitzenlicht) bzw. rot (Schlußlicht) leuchten.