Die DRG Baureihe 15: Märklin 37016
Der Glorienschein zweier Ausstellungen (Nürnberg im Jahr 1906 und München im Jahr 1925) und der Nimbus von Schnellfahrten mit Geschwindigkeiten von 150 km/h und mehr umgibt diese in echt Maffei’scher Formenschönheit und vorbildlicher Konstruktion geschaffene Einzelmaschine, deren Entstehung in Bayern mit seinen ungünstigen Richtungsverhältnissen am wenigsten zu erwarten war. Was waren die Gründe. die eine solch exzeptionelle Maschine, die den seinerzeitigen Zeitbedürfnissen vorauseilte und für welche auch auf ausgesprochen günstigen Strecken, wie z. B. in Baden oder in der norddeutschen Tiefebene noch kein rechter Boden war, erscheinen zu lassen?
Man muss nur wissen bzw. sich vorstellen, wie die Dinge anno 1900 bis 1905 lagen. Der Schnellzugverkehr bewegte sich zumeist mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h, 100 km/h wurden dann und wann einmal erreicht, selten auf kurze Zeit überschritten. Am frühzeitigsten und häufigsten war dies auf der Hauptstrecke der Badischen Staatsbahn der Fall, deren ausgezeichnete 2/4-gekuppelte Schnellzugmaschinen der Gattung IIc mit 2.100 mm Raddurchmesser schon wahrend der 1890er Jahre auf dem guten badischen Oberbau längst vor der offiziellen Freigabe der 100 km/h Geschwindigkeit dieses Tempo zu erreichen, einzuhalten und zu überschreiten pflegten. Aber die Aufsehen erregenden Fahrleistungen der badischen IId, die ähnlichen der Pfälzer P 4 und auch der rechtsrheinischen S 2/5, hatten gelehrt, dass die neuzeitlichen großen Dampfgeneratoren bisher kaum geahnte Möglichkeiten und hohe Wirtschaftlichkeit in sich bergen und Dampf für weit größere Leistungen und rationeller zu liefern im Stande seien als die kaum mehr als halb so großen Kessel der bis dahin bekannten Maschinen. Dazu kam als neueste Errungenschaft der Überhitzer, der sich bei Versuchen auf der preußischen Staatsbahn so vielversprechend und vorteilhaft erwiesen hatte. Von England und der französischen Nordbahn hörte und las man um jene Zeit von sehr bemerkenswerten Schnellfahrten mit Geschwindigkeiten von 130 km/h. Nicht minder deutlich dokumentierte die badische IId durch die bei verschiedenen Versuchsfahrten und Probefahrten erreichten Geschwindigkeiten bis zu 144 km/h, dass die Dampflokomotive fähig und willens war, weit Höheres zu leisten als bisher, wenn man ihr nur dazu Gelegenheit geben wollte.
Bei diesen badischen Probefahrten war auch der bayerische Fahrzeugreferent zugegen gewesen und Direktor Hammel konnte mit berechtigtem Stolz auf diesen Erfolg der von ihm geleiteten Firma Maffei gerade im Bau solch neuzeitlicher großer Maschinen hinweisen. Alles das und die Erwartung, dass weiteres Fortschreiten in dieser Richtung im In- und Ausland nur eine Frage der Zeit sein werde, bewirkte, dass die bayerische Bahnverwaltung den Plan fasste, eine zu noch höherer Leistung befähigte Maschine unter Verwendung aller bisher gewonnenen Erkenntnisse entstehen zu lassen und mit derselben auf der bevorstehenden Landesausstellung in Nürnberg etwas Außerordentliches zu präsentieren, um der heimischen Industrie Gelegenheit zu geben, ihr hervorragendes Können zu zeigen sowie gleichzeitig nebenbei die ganz unberechtigten immer wieder vernehmbaren Reden im Norden über „Bayerische Rückständigkeit und Bummelei” einmal gründlich Lügen zu strafen.
Außerdem fiel auch ins Gewicht, dass da und dort elektrische Fahrzeuge auftauchten, deren Erbauer für sich in Anspruch nahmen, der Dampflokomotive in Bälde den Rang abzulaufen und sie namentlich vom Schnellverkehr zu verdrängen. So trat für die Dampflokomotiven die Notwendigkeit heran, diese vorlaute Anmaßung zum Schweigen zu bringen und den Beweis zu liefern, dass sie noch lange nicht an der Grenze ihrer Entwicklungsfähigkeit und Leistung angelangt sei.
Die Bahnverwaltung konnte den geplanten Schritt um so eher wagen, als ihr bei diesem Bestreben eine Firma zur Seite stand, deren hervorragende Schöpfungen während der letzten Jahre viel beachtete Erfolge zu verzeichnen hatte. So besprach denn der Fahrzeugreferent im Verkehrsministerium, Ministerialrat von Biber, gegen Ende des Jahres 1905 mit dem Leiter der Maffei’schen Fabrik die Absicht der Bahnverwaltung, eine speziell für Versuchsfahrten mit hohen Geschwindigkeiten bestimmte Maschine zu schaffen, welche 1906 auf der Ausstellung in Nürnberg paradieren sollte. Mit größter Bereitwilligkeit ergriff Hammel die sich bietende Gelegenheit, den Ruf seiner Firma neuerdings zu fördern und sich einer konstruktiven Aufgabe zu unterziehen, für die er wie kein zweiter der geeignete Mann war. Eine passendere Weihnachtsfreude hätte ihm damals die Bahnverwaltung kaum machen können als mit dem Auftrag, eine Maschine zu bauen, die im Stande sein sollte, einen Zug von 150 t Gewicht mit Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h zu führen.
Sofort nahm Hammel die ihm übertragene Aufgabe in Angriff, über Weihnachten legte er die Grundformen und die Hauptdimensionen fest und die letzten Tage des Jahres 1905 sahen das beauftragte Konstruktionsbüro bereits intensiv an der neuen Arbeit, nachdem die Variante einer 2/5 gekuppelten Lokomotive gar schnell als unmöglich erkannt und definitiv die 2/6-gekuppelte Type zur Ausführung bestimmt war. Nur wenig Zeit stand zur Verfugung, das Höchste musste geleistet werden, wenn die Maschine rechtzeitig, das heißt bis zur Eröffnung der Ausstellung, fertig dastehen sollte. Eine fast unmögliche Aufgabe! Aber sie musste gelöst werden. Jeder tat sein Bestes, kein Tag, an welchem Hammel nicht selbst den Fortgang der Arbeiten geprüft hatte, Sonntage und Feiertage gab es in Büro und Werkstatt bald nicht mehr, ohne Ruh und Rast blieb die Arbeit Tag und Nacht in Fluss und das kaum für möglich Gehaltene gelang. Am letzten Apriltag 1906 stand die Maschine fertig unter Dampf auf dem Fabriksgeleis, am 3. Mai verließ sie das Werk und hielt Ihren Einzug in die Nürnberger Ausstellungshallen. In nur vier Monaten war die neuartige Maschine im Konstruktionsbüro durchgearbeitet und in den Werkstatten erbaut worden. Nur ein leitender Mann vom Können, von der Energie und Erfahrung Hammels konnte mit ausgezeichnet geschulten Kräften in Büro und Werkstatt eine solche Aufgabe in so kurz bemessener Zelt vollenden, wobei ihm die beim Bau der vorhergegangenen 3/5- und 2/5-gekuppelten Typen mit Vierzylinder-Verbundmaschinen gewonnenen Grundlagen und Erfahrungen sehr zustatten kamen.
So erfreute diese 2/6-gekuppelte Lokomotive über den Sommer 1906 wahrend der Ausstellungsdauer Fachwelt und Laien durch ihre ungewohnte, mit bewundernswertem Geschick gestaltete formenschöne und zugleich imposante Erscheinung und wurde zu einem Hauptanziehungsgegenstand dieser Ausstellung, wobei die große Anzahl sonstiger Fahrzeuge – Lokomotiven und Wagen, die sie dort umgaben – ihre Besonderheit nur noch wirksamer hervortreten ließ.
Die K. Bay. Sts. B. stellten 1906 diese neukonstruierte Dampflokomotive als Einzelstück in Dienst. Sie wurde speziell für Schnellfahrversuche konstruiert und wurde bei Maffei in München gebaut. Die Lok hat die Achsfolge 2′ B 2′ h4v, woraus sich die bay. Bezeichnung S 2/6 ergab. Als Betriebsnummer wurde ihr die Loknummer 3201 zugewiesen, die sich nach der Einverleibung der K. Bay. Sts. B. zur Reichsbahn auf die neue Betriebsnummer 15 001 änderte sollte.
Die S 2/6 war für eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h ausgelegt. Die Lok erreicht eine Länge über Puffer von 21,18 m und ein Eigengewicht von 83,4 t. Die Triebräder weisen einen sagenhaften Durchmesser von 2,2 m auf, insgesamt erreicht die Lok eine Höhe von 4,55 m. Aus der Achsformel ist weiters zu erkennen, daß es sich um eine Heißdampf-Vierzylinder-Verbundlokomotive handelt.
Die S 2/6 zählt zu den ersten Schnellfahrdampflokomotiven Deutschlands. Diese Eigenschaft zeigt sich auch in der Konstruktion der Lokomotive. Die spitz zulaufende Rauchkammertür bzw. das windschnitte Führerhaus zur Reduzierung des Luftwiderstandes sind markante Ausprägungen dieser Fahrzeugkonstruktion. Die Lok war zunächst im bayerischen Netz im Dienst und dem Bahnbetriebswerk München I zugeteilt, ab 1910 war das Einzelstück im pfälzischen Netz im Einsatz. 1922 erfolgte die Rückkehr nach München, ein Jahr später erfolgte die Umstationierung nach Augsburg. Die Lok war noch im endgültigen Umzeichnungsplan der Reichsbahn 1925 als 15 001 enthalten, jedoch nicht mehr umgezeichnet, und wurde am 14. Oktober 1925 ausgemustert. Das Einzelstück kam anschließend ins das Verkehrsmuseum Nürnberg, wo die Lok heute noch besichtigt werden kann.
Die Ankündigung der bay. S 2/6 galt im Herbst 2014 als völlig Überraschung, zumal Märklin hierbei ein Einzelstück der deutschen Triebfahrzeuggeschichte konstruierte. Das Premierenmodell wurde in der Ausführung als K. Bay. Sts. B. S 2/6 3201 ausgeführt und unter der Artikelnummer 37015 gelistet. Die Reichsbahnausführung der gegenständlichen 15 001 erfolgte anläßlich des regulären Neuheitenprogramms 2015 unter der Artikelnummer 37016.
Verpackung
Modelle aus dem Hause Märklin/Trix werden bekanntermaßen in der Kartonüberzugsverpackung ausgeliefert. Nach dem Abzug des Kartonüberzuges wird die Plastikverpackung zugänglich, in welches jedes Modell fix eingerastet ist. In der Kartonschachtel befinden sich unter dem Modell die mehrsprachige Betriebsanleitung sowie die Garantieerklärung. Drei beiliegende Zurüstbeutel enthalten verschiedene Zurüstteile wie die Kolbenschutzstangenrohre, Kupplungshaken und verschiedene Trittstufen zur Selbstmontage. Der Anbau dieser Teile ist nur ratsam, wenn der Mindestradius 500 mm beträgt!
Technik
Das Modell wird gekuppelt ausgeliefert. Der relativ große Lok-Tenderabstand stellt wohl der Kompromiss dar, um die Lokomotive auch auf dem sehr engen Gleisradius von 360 mm problemlos einsetzen zu können. Das Lokgehäuse und das Tendergehäuse sind aus Metall gefertigt. Das Führerhaus samt Langkessel ist über zwei Zentralschrauben beim Nachlaufdrehgestelle am filigran ausgeführten Rahmen fixiert und läßt sich nach vorne hin abziehen. Im Langkessel ist der Hochleistungsantrieb mit großer Schwungmasse untergebracht. Die beiden Treibräder werden über die am Motor angeflanschte Schnecke und das Stirnradgetriebe angetrieben. Die hintere Kuppelachse ist mit Haftreifen bestückt.
Im Tendergehäuse ist die Fahrzeugplatine versteckt. Das Modell ist herstellerseitig bereits mit einem mfx-Decoder samt zahlreicher Licht- und Soundfunktionen ausgestattet. Verbaut ist eine 22polige Schnittstelle. Die Achsen im Tender sind antriebslos. Das Modell ist tenderseitig mit einer Kurzkupplungskulisse ausgestattet.
Fahrverhalten
Zum Fahrverhalten können keine Aussagen gemacht werden, weil die ansonsten zum Test zur Verfügung stehende Märklin-Digitalanlage derzeit umgebaut wird. Die Lok hat ein Gewicht von 430 Gramm.
Optik
Die Herstellervielfalt im Modellbahnsektor zwang auch Märklin dazu, bei seinen Neukonstruktion mehr Detailverliebtheit einkehren zu lassen. Die aktuelle Neukonstruktion der bay. S 2/6 bzw. BR 15 offenbart den aktuellen, hohen Fertigungsstand, wenngleich der Marktführer auf seine Klientel bei der Detaillierung und der Langlebigkeit seiner Produkte gewisse Kompromisse eingeht.
Beim Anblick der Schnellzuglok fällt sofort ein detailliertes Lokgehäuse mit Nietreihen und eigens angesetzten Anbauteile sowie Kesselleitungen auf, aber auch die fein säuberlich umgesetzte, runde Frontschütze. In weiterer Folge schaffen es die Göppinger auch, Fahrzeuge mit durchbrochenen Laufwerk zu konstruieren. Das Laufwerk besteht aus fein gefertigen Speichenrädern und der filigran ausgeführten Steuerung und der zarten Kuppelstangen. Die beiden Laufdrehgestelle sind federnd montiert und beidseits seitenverschiebbar, währenddessen sich die Drehgestelle am Tender nur drehen lassen. Diese Drehgestelle weisen sabuere und tiefe Gravuren aus und sind dreidimensional durchkonstruiert. Der Tenderkasten ist zudem noch mit zahlreichen, äußerst filigran ausgeführten Nietenreihen versehen.
Farbgebung und Beschriftung
Die Lackierung und Beschriftung gibt keinen Grund zur Beanstandung. Sämtliche Anschriften (Loknummer, Fabriksschilder udgl.) sind sauber aufgedruckt und gut lesbar, selbst die Daten am Fabriksschild. Die Lok ist sowohl in der Rbd als im Bw Augsburg beheimatet.
Beleuchtung
Die Beleuchtung besteht aus wartungsarmen, warmweißen Leuchtdioden.