Fleischmann 435304: DB 120
Die 1979 gelieferten Prototypen 120 001 bis 005 leiteten das Zeitalter der Drehstrom-Hochleistungslokomotiven ein. Darüber hinaus ebneten sie als Versuchsträger zahlreicher Komponenten auch schon den Weg für die Generation der 101 & Co.
Ein eigentümliches Gespann ließ sich ab Mai 1974 auf Bundesbahn-Strecken im Raum Mannheim blicken. Es bestand aus der von BBC/Henschel entwickelten DE 2500/1 (DB-Nummer 202 002) und einem mit Dachstromabnehmer versehenen „Silberling“-Steuerwagen der Bauart BDnrzf 740. Mancher Lokspäher mag gestaunt haben, dass sich die Einheit ohne auch nur das kleinste Abgaswölkchen fortbewegte, denn er kannte die DE 2500 ja als Diesellokomotive. Doch um eine solche handelte es sich nun nicht mehr. Dieselmotor, Kühlanlage, Drehstromgenerator und Gleichrichter waren ausgebaut und durch Ballast ersetzt worden. Behalten hatte die 202 002 ihre sechs Drehstrom-Fahrmotoren samt den dazugehörigen Pulswechselrichtern. Die Stromversorgung aus dem Fahrdraht erfolgte über den Steuerwagen, der mit Hochspannungsteil, Transformator, Stromrichter, Drosseln und Kondensatoren fast schon eine Ellok für sich darstellte.
Der Clou der im Steuerwagen installierten Ausrüstung waren Thyristor-Stromrichter mit so genanntem Vierquadrantensteller, welche den 16 2/3-Hz-Einphasen-Wechselstrom in Gleichstrom konstanter Spannung umformten. Dieser wurde in die vormalige dieselelektrische Lokomotive geleitet und dort mittels der schon bewährten Pulswechselrichter in Drehstrom variabler Frequenz und Spannung zum Betrieb der Asynchronmotoren umgeformt. Mit dem Vierquadrantensteller (4q-S) gelang den Ingenieuren von Brown, Boveri & Cie. in Mannheim der entscheidende Sprung auf dem Weg zur modernen Drehstrom-Ellok. Basierend auf den mit dem Versuchsgespann gewonnenen Erkenntnissen, erarbeitete das Bundesbahnzentralamt (BZA) München 1976 ein erstes Lastenheft für die künftige Baureihe 120. Mit ihr sollte sich der alte Wunschtraum vom universell für alle Zugarten gleich gut verwendbaren Lokomotivtyp erfüllen.
Brauchbare Schienenfahrzeuge mit Drehstrom-Asynchronmotoren gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Damit ließ sich hochgespannter Dreiphasen-Wechselstrom (Drehstrom) – also die für den Energietransport über große Distanzen übliche Stromart – direkt für den Antrieb verwenden. Im Gegensatz zu Gleichstrommotoren, auch zu den erst später für den Bahnbetrieb tauglichen Wechselstrom-Reihenschlussmotoren und Mischstrommotoren, kommen die vergleichsweise sehr leichten Drehstrommotoren ohne Kommutatoren und Kohlebürsten aus, sind also extrem verschleißarm. Sie benötigen aber ein „Drehfeld“, das sich nur aus dreiphasigem Wechselstrom gewinnen lässt. Dessen Einspeisung erforderte früher zwingend zweipolige Fahrleitungen, was die Zufuhr der elektrischen Energie verkomplizierte. Außerdem waren Drehstrommotoren mangels steuernder Eingriffe im Fahrzeug fest an die Netzfrequenz gebunden. Sie ließen sich nur durch Stufung der Speisespannung bzw. durch Polumschaltung in wenigen, quasi starren Drehzahl- und Geschwindigkeitsstufen regeln. Aufgrund dieser Nachteile konnten sich Drehstromsysteme als Bahnstromsysteme nur regional etablieren, zum Beispiel auf Bergbahnen in der Schweiz und in größerem Umfang in Norditalien. In Deutschland machte die Studiengesellschaft für Elektrische Schnellbahnen 1903 mit Drehstrom-Triebwagen Furore, die zwischen Marienfelde und Zossen bis zu 210 km/h erreichten. Die Staatsbahnen Preußens, Badens und Bayerns verständigten sich jedoch schon 1912 auf das Einphasen-Wechselstromsystem 15 kV 16 2/3 Hz.
Generationen von Ingenieuren ergrauten über dem Versuch, die Vorteile dieses Systems mit den Vorteilen der Drehstrom-Antriebstechnik zu verbinden. Schließlich wurde die knifflige Aufgabe im Rahmen eines vom BZA München angestoßenen Pilotprojekts von den BBC-Ingenieuren mittels neuer Steuerelektronik und Halbleitertechnik gemeistert. Zuvor hatten sie schon mit der von BBC und Rheinstahl-Henschel gemeinschaftlich realisierten DE 2500 einen Meilenschritt geschafft. Der 1971 fertiggestellten sechsachsigen DE 2500/1 (202 002) folgten die vierachsige DE 2500/2 (202 003) und die sechsachsige DE 2500/3 (202 004). Es waren die ersten dieselelektrischen Lokomotiven mit Drehstrom-Drehstrom-Leistungsübertragung. Ihr Dieselmotor trieb einen Drehstrom-Synchrongenerator an. Der so erzeugte Drehstrom wurde durch einen Silizium-Gleichrichter in Gleichstrom umgewandelt, den Pulswechselrichter „zerhackten“ und somit in Drehstrom stufenlos variabler Frequenz und Spannung zur Versorgung der Asynchronfahrmotoren umformten. Dadurch waren Zugkraft und Drehzahl frei regelbar. Der Versuchseinsatz der DE 2500 ermutigte dazu, die Drehstrom-Antriebstechnik auch in einer aus der Fahrleitung gespeisten Lokomotive auszuprobieren. Das Problem, Einphasen-Wechselstrom fester Frequenz (162/3 Hz) in Drehstrom variabler Frequenz umzuwandeln, konnte ebenfalls nur mit Hilfe eines Gleichspannungs-Zwischenkreises gelöst werden. Dazu entwickelte BBC den mit 11-facher Netzfrequenz (183 Hz) pulsierenden Vierquadrantensteller, dessen Funktionstüchtigkeit im ab Oktober 1974 bundesweit ausgedehnten Probebetrieb des erwähnten Versuchsgespanns nachgewiesen wurde.
Die Entwicklung weiterer Komponenten auf dem Weg zur Baureihe 120 schritt zügig voran. Noch 1975 begann BBC damit, auf dem Prüffeld in Mannheim einen 1400-kW Fahrmotor zu erproben, der den Erfordernissen einer vierachsigen Hochleistungs-Ellok zu entsprechen vermochte. Nach so viel Pionierarbeit erhielt die Firma BBC im Herbst 1976 verbindlich den Auftrag, den elektrischen Teil der Bo’ Bo’-Universallokomotive mit Drehstromstromantriebstechnik zu entwickeln. Die konstruktive Ausarbeitung des Mechanischen Teils übertrug die DB einem von Krauss-Maffei (federführend), Krupp und Thyssen-Henschel gebildeten Konsortium. Das Lastenheft sah für die Baureihe 120 folgendes Leistungsprogramm vor:
- 700 t schwere Reisezüge mit 160 km/h,
- 1500 t schwere Schnellgüterzüge mit100 km/h,
- 2200 t schwere gemischte Güterzüge mit 80 km/h,
- 2700 t schwere Ganzzüge mit 80 km/h
- 5400 t schwere Ganzzüge in Doppeltraktion mit 80 km/h,
jeweils mit einen Zugkraftüberschuss von fünf Promille. Ferner waren unter anderem Wendezugtauglichkeit, eine bis fast zum Stillstand wirkende Netzbremse mit Energierückspeisung, elektrische Widerstandsbremse, die Begrenzung des Mechanteils auf maximal 37 t und die des elektrischen Teils auf maximal 47 t Gewicht gefordert. Sensationell mutete es damals an, in einer nur 84 t schweren vierachsigen Lok die verlangte Leistung von 5.600 kW unterzubringen.
Im März 1977 schloss die DB mit der Industrie die Lieferverträge für fünf Prototypen ab. Für die elektrische Ausrüstung zeichnete BBC verantwortlich, wobei andere Firmen Komponenten zulieferten. Am „Auftragskuchen“ für den Mechanteil partizipierten wiederum Thyssen-Henschel (120 001 und 004), Krauss-Maffei (120 002) und Krupp (120 003 und 005).
Die am 12. Mai 1979 gelieferte 120 001 erregte auf der Ausstellung „100 Jahre elektrische Lokomotiven“ in München-Freimann beträchtliches Aufsehen. Forsch wurde sie als „erste Drehstrom-Vollbahnlokomotive der Welt“ präsentiert, tatsächlich handelte es sich um die erste universell verwendbare Hochleistungs-Ellok mit Drehstromtechnik. Jede Sekundärwicklung des Haupttransformators speiste einen aus Vierquadrantensteller und Wechselrichter bestehenden Stromrichter. Je zwei Stromrichter waren gekoppelt und einem der beiden Triebdrehgestelle zugeordnet. Je 1400 kW leistende Drehstrom-Asynchronmotoren trieben über Hohlwellenkardanantrieb jede Achse an.
Ein Novum stellte auch der kantige Fahrzeugkasten ohne Maschinenraumfenster dar. Ungewöhnlich für eine Bo’ Bo’-Lokomotive war zudem die Länge über Puffer von 19,2 m. Der 120 001 folgten im Jahr 1979 die 120 002 (ausgeliefert am 30. Mai), 120 003 (10. August), 120 004 (5. Oktober) und 120 005 (30. November). Endgültig abgenommen wurden die in den TEE-Farben rot-beige lackierten Lokomotiven erst im Zeitraum September 1980 bis Januar 1981. Während die 120 001 bis 004 zunächst nur für 160 km/h zugelassen waren, erhielt die mit Linienzugbeeinflussung (LZB) ausgerüstete 120 005 bereits 1980 eine Zulassung für 200 km/h. Äußerlich unterschied sich die 120 005 von den übrigen Maschinen durch die modifizierte Kopfform mit dem tiefer herabgezogenen Knick; anfangs ferner durch spezielle Dachhauben, Spoiler, Frontschürzen und Pufferbohlenschlitzverkleidung. Dieses „Zubehör“ büßte sie sehr bald wieder ein, behalten hat sie natürlich die anders gestaltete Kopfform.
Nach der Inbetriebsetzungsphase wurden alle fünf Lokomotiven dem Bw Nürnberg Rbf (Nürnberg 2) zugeteilt, als erste im Februar 1980 die 120 001. Wegen der vielen neuen Komponenten war von vornherein klar, dass die Erprobung besonders umfangreich sein müsste. Letztlich zog sie sich über mehr als vier Jahre hin. Dennoch fuhr die DB in Erwartung der Serienreife der Baureihe 120 die Beschaffung konventioneller Elloks der Baureihe 111 schon 1980 drastisch herunter – geschweige denn, dass sie nochmals sechsachsige Güterzuglokomotiven der Baureihe 151 nachbestellt hätte. Dies wirkte sich besonders auf die Altbau-Elloks der Baureihen 118 und 194, indirekt auch auf die 144/145 und 193 lebensverlängernd aus.
Die zuerst verfügbaren 120 001 und 003 kamen ab April 1980 als Vorspannloks vor D-Zügen auf der Strecke Würzburg – Nürnberg – Passau, zeitweilig auch im Wendezugdienst zwischen Nürnberg und Ansbach zum Einsatz. Bereits bei den ersten Fahrten ergaben sich Schwierigkeiten durch im Bereich der so genannten Tonfrequenz (etwa 10 bis 15 kHz) auftretende Störströme, die Gleisstromkreise der Sicherungstechnik beeinflussten. Abhilfe brachte ein dem Haupttrafo vorgeschalteter Störstromfilter. Im Zusammenhang mit dessen endgültigem Einbau entfiel die bei Netzausfall wirksame elektrische Widerstandsbremse. Sie war verzichtbar geworden, weil sich die über den Vierquadrantensteller wirkende Netzbremse als äußerst zuverlässig erwies.
Die 120 005 fuhr ab Januar 1981 in einem eintägigen IC-Umlauf zwischen Nürnberg und München. Bei Versuchsfahrten hatten die Laufeigenschaften der gegenüber denen der Baureihe 111 deutlich leichteren Drehgestelle auch im Bereich über 160 km/h voll befriedigt. Die 120 001 bis 004 mussten 1980/81 vor allem im Güterzugdienst zeigen, was sie konnten. Im Einsatz vor Regelgüterzügen, so im Laufplan der Baureihe 194 zwischen Nürnberg und Passau, ließ sich ihr tatsächliches Leistungsvermögen jedoch kaum ermitteln. Um die Loks im Dauerbetrieb mit hohen Lasten und Kilometerleistungen, insbesondere auch ihr Anfahrverhalten auf schwierigen Steigungen erproben zu können, stellte man einen mit Schrott und Altschotter beladenen Versuchsgüterzug zusammen. 1980/81 verkehrte dieser bis zu 1.800 t schwere „Schrottzug“ nach einem festen Laufplan in der Relation Ochsenfurt – Ansbach – Nürnberg – Plattling. Auch Fahrten mit einem Zuggewicht von 2.700 t fanden testweise statt.
Selbstredend gehörten Prüfstandversuche und Messfahrten zum Erprobungsprogramm. Die 120 002 erreichte am 13. August 1980 zwischen Celle und Uelzen mit einem Messwagen 231 km/h, damit brach sie den seit 1903 gültigen Weltrekord für Drehstrom-Triebfahrzeuge. Die 120 003 stellte sich im Dezember 1980 auf der Lötschbergstrecke in der Schweiz dem Leistungsvergleich mit einer Re 4/4 der BLS. Dabei konnte sie 700-t-Güterzüge auf der 27-Promille-Rampe anfahren und beschleunigen, erwies sich der konventionellen Re 4/4 aber noch nicht als ebenbürtig. Im Lauf der Versuchseinsätze traten Schwächen zutage, die man gerade von Drehstromloks nicht erwartet hatte. So drehten auf regennassen Schienen oft die Räder durch, häufig gab es das so genannte Synchronschleudern aller Radsätze. Dabei sollten die stufenlose Zugkraftregelung und das gleichförmige Drehmoment der Asynchronmotoren stets für eine optimale Ausnutzung des Reibewerts sorgen,
mithin die Gefahr des „Schleuderns“ minimieren und den Nachteil der gegenüber Co’ Co’-Lokomotiven niedrigeren Reibungslast mindestens ausgleichen. Im direkten Vergleich wurden die Anfahrgrenzlasten der Baureihen 150, 151 und 194 jedoch nicht erreicht. Außerdem zeigten einige Bauteile, zum Beispiel die Hilfsbetriebeumrichter und Fahrmotorwellen, eine hohe Schadanfälligkeit.
1982/83 nahmen die Lieferfirmen an allen Lokomotiven Änderungen vor, besonders viele im Steuerungs- und Regelungsteil. Für die Hilfsbetriebeumrichter kamen erstmals Gate-Turn-Off-Thyristoren (GTO) zum Einbau. Eine überzeugendere Vorstellung am Lötschberg gab daraufhin im März 1983 die „serienreif“ umgerüstete 120 004. Sie konnte dort nun einen 816-t-Zug anfahren und beschleunigen. Der erneuten Dauererprobung im Güterzugdienst dienten 1983 bis zu vier Versuchsgarnituren, von denen zwei fast rund um die Uhr im niederbayerisch-fränkischen Raum unterwegs waren. Ein von Passau aus gefahrener Umlauf bezog auch die „Spessartschleife“ Würzburg – Elm – Schlüchtern – Hanau – Aschaffenburg – Würzburg ein. Nach weiteren Verbesserungen von Elektronik-Baugruppen sowie der Maschinenraumbelüftung erklärte die DB die Baureihe 120 Anfang 1984 für serienreif und leitete die Beschaffung der 120.1 in die Wege.
Die 120.0 liefen ab 1984 überwiegend im Plandienst. Wie zuvor schon versuchsweise beförderten sie unter anderem IC-Züge zwischen München und Hamburg (über die alte Nord-Süd-Strecke) sowie München und Stuttgart, wobei sie die Fahrzeiten der 103.1 im Wesentlichen halten konnten. Im Rahmen des neu eingeführten ICG-Systems kamen sie mit Güterzügen im Nachtsprung bis Seelze und Maschen.
Daneben fanden weiterhin Demonstrations- und Versuchsfahrten statt. Zur Komponentenerprobung für den ICE erhielt die 120 001 eine geänderte Getriebeübersetzung sowie modifizierte Drehgestelle mit verbesserter Zugkraftanlenkung und Lokkastenabstützung. Am 17. Oktober 1984 stellte die 120 001 vor einem aus vier IC-Wagen gebildeten Sonderzug zwischen Augsburg und Donauwörth einen neuen Weltrekord für Drehstrom-Lokomotiven mit Asynchronmotoren auf, sie brachte es auf 265 km/h. Später erreichte sie auf der Neubaustrecke Hannover–Würzburg im Zuge der Erprobung neuer Stromabnehmer wiederholt 280 km/h. Am 18. Oktober 1984, kurz vor der Auftragserteilung für die 120.1, wollte die DB die Serienreife der Baureihe 120 mit einem spektakulären Leistungsvergleich auf der Frankenwaldbahn bei Förtschendorf (Steigung 21,4 Promille im 382-m-Gleisbogen) nochmals demonstrieren. Die 120 005 fuhr hier mit einem 787-t-Güterzug auf eigens „eingeseiften“ Schienen problemlos an und beschleunigte ihn, während die sechsachsige 151 144 schleuderte und liegen blieb. Jedoch war der Vergleich manipuliert, denn der Lokführer der 151 sollte die ihm möglichen Eingriffe zum Verhindern des Schleuderns ausdrücklich unterlassen (vielmehr die Schaltwerksteuerung stur in Fahrstufe 6 festhalten).
Die 120 001 weilte im Herbst 1984 in Österreich und musste sich am Semmering mit einer 1044 der ÖBB messen. Am 25. Oktober 1984 stellte sie zwischen Drösing und Angern mit 234,4 km/h einen österreichischen Geschwindigkeitsrekord auf. Die 120 002 und 005 bestanden im Mai 1985 einen Vergleichstest mit der SJ-Baureihe Rc 5 in Schweden. Die Technik der Baureihe 120 wurde auch exportiert: Als von ihr abgeleitet sind in erster Linie die El 17 der Norwegischen Staatsbahnen (NSB) und die EA 3000 der Dänischen Staatsbahnen (DSB) zu nennen. Mit zunehmender Verfügbarkeit der 120.1 und auch wegen der fehlenden Druckertüchtigung für die Ende Mai 1988 eröffneten Abschnitte der Neubaustrecke Hannover–Würzburg zog die DB die 120.0 im Fahrplanjahr 1988/89 aus dem Plandienst zurück. Ab März 1989 verwendeten die BZA Minden und München die nun in die Bahndienstfahrzeuge 752 001 bis 005 umgezeichneten Maschinen unter anderem für Abnahmefahrten auf den Neubaustrecken. Während die 752 001 weiterhin für Schnellfahrversuche diente, rüstete die Industrie die anderen ab 1991/92 zu Erprobungsträgern für die nächste Lokomotivgeneration um.
Komponenten-Erprobung
- 120 002 (Umbau AEG Hennigsdorf): wassergekühlte GTO-Stromrichter, Steuerelektronik mit Mikroprozessoren für Einzelradsatzsteuerung
- 120 003 (Umbau Krauss-Maffei): neu entwickelte Drehgestelle mit radial einstellbaren Radsätzen
- 120 004 (Umbau ABB-Henschel): GTO-Stromrichter, Ester als Kühlmittel für Transformator und Stromrichter, neue Antriebssteuerung, „integrierter Gesamtantrieb“ für 230 km/h Höchstgeschwindigkeit und 6.400 kW Dauerleistung, vom ICE abgeleitete Flexifloat-Drehgestelle mit Zug-/Druckstangen; ab 1995 weltweit erste Hochleistungs-Ellok mit Scheibenbremsen
- 120 005 (Umbau ABB-Henschel): GTO-Stromrichter in Öl-Tauchbadkühlung, neue Steuerelektronik mit Einzelradsatzsteuerung, Leistungssteigerung auf 6.400 kW.
Somit rüstete ABB-Henschel die 120 004 und 005 zu Referenzloks für die geplante Nachfolge-Baureihe 121 auf, die bekanntlich nicht mehr realisiert wurde. Beide Lokomotiven können aber als Vorläufer der Baureihe 101 gelten, der die 120 004 am nächsten kam. Nach Einbau der neuen Komponenten teilte die DB die vorübergehend wieder als 120 002 bis 005 bezeichneten Lokomotiven (120 002, 004 und 005 nun orientrot) ab 1992 sukzessive dem Bw Nürnberg 1 zur Betriebserprobung im Plandienst zu. Sie liefen vor allem im IC-Verkehr zwischen Nürnberg und München sowie Nürnberg und Probstzella, später bis Leipzig/Dessau. Ab 1996 kehrten sie nach und nach in den Versuchsdienst zurück. Ende 1998 waren sie zusammen mit der 752 001 den Forschungszentren (FTZ) Minden und München zugeteilt. Aufgrund der schwierigen Ersatzteilbeschaffung und auch wegen des rückläufigen Bedarfs für Testfahrten schieden die 752 002, 003 und 005 per 31. Dezember 2000 aus dem Bestand, blieben aber erhalten. Die ehemalige 120 002 wurde im Ausbesserungswerk Nürnberg, die ehemalige 120 005 auf dem FTZ-Gelände in München-Freimann hinterstellt. Die inzwischen wieder so bezeichnete 120 003 befand sich Anfang 2004 noch im Betriebshof München West (Hbf); vorgesehen ist sie für das Museums-Bw Garmisch. Nach wie vor Versuchseinsätze in Regie des FTZ Minden absolviert die „superschnelle“ 752 001. Nur noch selten hingegen hat das FTZ München Verwendung für die 752 004.
Ab 1987 in Serie
Im November 1984 gab die Deutsche Bundesbahn 36 Serienlokomotiven der Baureihe 120.1 in Auftrag. Die für 24 weitere Maschinen ausgesprochene Option wandelte sie im April 1985 in eine Bestellung um. Die Baulose teilten sich Krauss-Maffei/Siemens, Krupp/AEG und Thyssen-Henschel/BBC. Die Auslieferung begann im Januar 1987, die Abnahme der insgesamt 60 dem Bw Nürnberg 2 (Rbf) zugewiesenen Loks erstreckte sich jedoch über den Zeitraum August 1987 bis Dezember 1989. Zum Teil verzögerte sich die Abnahme, weil die DB erst nach Lieferbeginn Änderungen forderte, so den Druckschutz für die Führerräume und den Einbau der elektropneumatischen Bremse für die Notbremsüberbrückung auf NBS-Tunnelabschnitten. Zur Zugkrafterhöhung im oberen Geschwindigkeitsbereich (170 bis 200 km/h) wurden ab der 120 137 geänderte Getriebe eingebaut. Wegen Undichtheiten der Getriebeschutzkästen erhielten die 120 137 ff. anfangs nur eine auf 140 km/h beschränkte Zulassung, erst nach weiteren Modifikationen gab man sie ab Sommer 1989 für 200 km/h frei. Auf ansonsten gegenüber den 120.0 vorgenommene Änderungen (zum Beispiel bei Steuerelektronik, Hilfsbetrieben und Drehgestellen) kann hier nicht näher eingegangen werden. Jedenfalls erreichte die Konstruktion der Serienloks wegen des großen Termindrucks einen nur unvollkommenen Reifegrad.
Nachdem erste zwingend notwendige Nacharbeiten erledigt waren, wurden die 120.1 – als einzige mit Druckschutz und ep-Bremse für die Neubaustrecken ausgerüstete Lokomotiven – auf’s Äußerste beansprucht. Tagsüber im IC-Dienst, nachts im Güterzugdienst unterwegs, mussten sie täglich Laufleistungen von 1600 bis 1800 km erbringen. Infolge Überbeanspruchung traten bald Motordefekte auf. Anhaltende Probleme mit dem Mechanteil (vor allem Rahmenschäden) erforderten Mitte der 1990er-Jahre eine Grundüberholung. Im Jahr 2000 stellte man wieder vermehrt Schäden an mechanischen Komponenten fest, so bedenkliche Risse am Drehzapfen-Querträger. Diesen begegnete das DB-Werk Nürnberg mit einem von Siemens mit geplanten Sanierungsprogramm. Danach hat sich die Verfügbarkeit der 120.1 gebessert, ohne jedoch durchweg befriedigen zu können.
Obwohl etliche Loks – auch unfallbedingt und auffällig oft wegen Trafobränden – lange z-gestellt waren, ist die seit 1999 beim Betriebshof München West konzentrierte Baureihe 120.1 noch komplett im Bestand. Nicht zuletzt die zeitweilig hohe Ausfallquote bei der Baureihe 101 hat DB Reise & Touristik bewogen, alle im Jahr 2004 zur großen Revision anstehenden 120.1 erneut hauptuntersuchen zu lassen.
Die Lokomotivschmiede Krauss-Maffei in München-Allach konnte am 14. Mai 1979 das erste Exemplar einer neuen Lokomotiv-Generation der Deutschen Bundesbahn übergeben werden, und zwar die Lok 120 001-3. Sie war die erste von fünf Maschinen, mit denen moderne Drehstromtechnik im universellen Einsatz vor Schnell- und Güterzügen untersucht werden sollte. Kernstück der Neuentwicklung waren die einfachen und robusten Drehstrommotoren und die Leistungs-Halbleitertechnik bei Eisenbahnfahrzeugen. Zu den weiteren technischen Neuerungen zählten die querbeweglichen Drehzapfen mit Lemmiskatenlenkern, Monoblocräder, Leichtmetall-Achslagergehäuse, die Kastenabfederung durch Flexicoilfedern und hydraulische Dampfer bei der Achsfederung und bei der Abstützung des Lokomotivkastens. Der mechanische Teil wurde unter der Federführung von Krauss-Maffei in München, bei Krupp in Essen und bei Henschel in Kassel gefertigt, der elektrische Teil bei BBC in Mannheim. Als Höchstgeschwindigkeit waren zunächst 160 km/h, bei der 120 005 sogar 200 km/h zugelassen. Nach einer Änderung der Getriebeübersetzung erzielte die 120 001 am 17. Oktober 1984 mit 265 km/h einen neuen Weltrekord für Drehstrom-Lokomotiven. Die fünf Prototypen wurden in den TEE-Farben rot/beige ausgeliefert und teilweise ins Nachfolgefarbschema der Serienloks Baureihe 120.1 versetzt. Von der später einsetzenden Serienlieferung wurden 60 Maschinen beschafft, von denen einige Maschinen zwischenzeitlich für DB Regio als Baureihe 120.2 oder bei DB Netz als Baureihe 120.5 im Einsatz stehen.
Modellvorstellung
Das vorliegende Modell wurde noch wirklich bei Fleischmann in Nürnberg konstruiert und war für damalige Verhältnisse ein wunderschön umgesetzte Lokomotive. Die aktuelle Auslieferung wird im Start-Programm von Fleischmann geführt. Gefertigt wird nur eine Gleichstrom-Ausführung, welche unter der Artikelnummer 435304 zum UVP von € 129,– in den Fachhandel gelangt.
Fleischmann liefert die 120 004-7 der DB in der alten Styroporverpackung aus, zwar nicht in gelb/roter Umverpackung, sondern in der gegenwärtig roten. Das Modell ist in eine Plastikfolie umwickelt und eingelegt. Die Betriebsanleitung liegt unter dem Modell, es gibt keinen Zurüstbeutel.
Das Modell ist antriebsmäßig antiquiert ausgeführt. Ein Drehgestell ist über einen Rundmotor angetrieben, das andere ist als Laufdrehgestell ausgeführt. Für den Digitalbetrieb hat Fleischmann-alt aber eine Schnittstelle nach NEM 651 vorgesehen.
Weitere Unterschiede treten auch bei der optischen Betrachtung zu Tage, wobei man fairerweise erwähnen muß, daß Fleischmann das Modell schon vor ca. 30 Jahren konstruiert hat, womit einige Abstriche in der Detailierung in Kauf zu nehmen sind. Die Türgriffe, die Handtürgriffstangen, sämtliche Frontgriffe und die Scheibenwischer sind an der Form angespitzt. Dennoch sind an den Übergängen feine Gravuren zu erkennen. Die Lüftergitter sind zB tief graviert, ebenso das Riffelblech am Dach.
Die Lackierung und die Bedruckung sind tadellos umgesetzt. Das Modell erhielt die Betriebsnummer 120 004-7 der DB und gehört mit der „TEE“-Lackierung der Epoche IV an. Im Revisionsraster steht das Abnahmedatum MF 13.12.80.
Das Modell ist mit einem Lichtwechsel des Spitzensignals versehen. Es leuchtet aber nur das vordere Spitzensignal. Die Schlußbeleuchtung wird nicht dargestellt.
Fahrverhalten
Das vorliegende Modell wird hinsichtlich seiner Bestimmung gerecht und düst wie ein Rennpferd auf der Anlage. Das Modell hat einen taumelfreien Lauf, jedoch hört man den Rundmotor sehr deutlich. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 237 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 18 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um zwölf % zu niedrig.